Wissensmanagement – Potenzial im Unternehmen richtig nutzen

Im Arbeitsalltag befassen wir uns täglich mit zahlreichen Informationen zu Projekten, Kundendaten, Arbeitsabläufen und vielem mehr. Was wir uns selten bewusst machen: In diesen Unternehmensdaten steckt jede Menge wertvolles Wissen, welches den Erfolg eines Geschäfts sichern kann. Und welches umgekehrt vom Unternehmen selbst gesichert werden sollte.
Hier kommt ein Wissensmanagementsystem zum Einsatz. Es schafft die Möglichkeit bestehendes Wissen zu erfassen, zu verwalten und weiterzuvermitteln.
Erfahrungen aus der Praxis
Wir haben uns mit Stephan Bertram, Leitung IT- & Broadcasttechnik bei ams – Radio und MediaSolutions, zur Organisation solchen Wissens ausgetauscht. Für ihn ist Wissensmanagement die „Konsolidierung allen Unternehmenswissens, das an einer Stelle für jedermann, über eine intelligente Suche abrufbar ist“. Wissen ist in jedem Unternehmen vorhanden, aber um es effektiv zu bündeln, braucht es klare Strukturen: „Es muss organisationsweit Einigkeit darüber bestehen, welches Wissen in welcher Form und an welcher Stelle gesammelt wird. Das ganze Unternehmen muss sich auch einig sein, wie oft es das Wissen aktualisiert.“, so Bertram.
Wissen dokumentieren
Für die Organisation von Wissen ist es essenziell zu dokumentieren, welches Wissen an welche Personen gebunden ist. Als wichtiges Werkzeug hierfür benennt Stephan Bertram Arbeitsplatzbeschreibungen. Diese helfen ebenso weiter, Wissensverlust vorzubeugen, sobald ein Mitarbeitender das Unternehmen verlässt und gleichzeitig beim Finden von adäquatem Ersatz mit ähnlichen Qualifikationen. „Wo es ganz eklatant erkennbar ist, ist, wenn ein Mitarbeitender - ich sage ganz bewusst ein stiller Mitarbeitender - das Unternehmen verlässt und man im Nachgang dann plötzlich merkt, was alles liegen bleibt.“
Bei der Dokumentation von Wissen hilft es, sich bewusst zu machen, in welchen Formen Wissen vorliegen kann. Man unterscheidet zwischen explizitem Wissen, das in Dokumenten oder anderen Speichern enthalten ist und implizitem Wissen, welches nicht nur in Personen, sondern auch in organisatorische Routinen, Prozessen, Praktiken und Normen eingebettet ist (Raub & Romhardt, 1999; Davenport & Prusak, 1998). Der allgemeine Wissensbestand im Unternehmen (auch organisationale Wissensbasis nach Pautzke (1989, S. 79)) basiert nicht nur auf dessen Mitarbeitenden, sondern auch auf Lieferanten oder Beratern, prinzipiell auf allen Wissensträgern, die dem Unternehmen (potenziell) zur Verfügung stehen (Welter, 2005, S. 76).

Für die Einführung eines Wissensmanagementsystems empfiehlt Stephan Bertram den Einsatz sogenannter Wissensmanager/innen. „Ich bin der Meinung, dass es an einer Stelle im Unternehmen jemanden geben muss, der sich über die Strukturen Gedanken macht.“ Er erklärt es am Beispiel Lokalradio: „Wenn wir jetzt mal vom Radio sprechen, da muss es auf der einen Seite den/die Chefredakteur/in geben, der/die den Rahmen vorgibt. Und dann muss es für jedes Ressort, also sprich für jede Abteilung, einen Redakteur oder eine Redakteurin geben, der oder die das Wissen sammelt und dann eben in dem vorgegebenen Rahmen erfasst.“
Ein Anreiz Wissen zu teilen
Im Bereich der Personalmotivation und Personalentwicklung sollte es ein funktionierendes Anreizsystem geben, damit die Mitarbeitenden dazu bereit sind, ihr Wissen zu teilen und zu dokumentieren. Stephan Bertram dazu: „Eine Möglichkeit der Motivation sehe ich im Bereich von Schulungen, zu denen Mitarbeiter/innen gehen können. Dadurch werden sie motiviert, dieses Wissen auch für andere zu dokumentieren.“
Eine weitere Motivation kann die Ausbildung zu Fachspezialisten/innen sein. Sie tragen die Verantwortung für einen Wissensbereich und sind auch verpflichtet Wissen weiterzugeben und dementsprechend für gute Qualität in diesem Arbeitsbereich zu sorgen. Kombiniert werden kann dies mit der Ausschreibung von Wissensgebieten, in denen Erkenntnisse fehlen. Beispielsweise als Bestandteil von Feedback- oder Jahresgesprächen, in denen über die Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeitenden gesprochen wird.
Erfolgsfaktoren von Wissensmanagement
Helm, Meckl & Sodeik (2007) führen die Ergebnisse bisheriger Forschung zu den Erfolgsfaktoren von Wissensmanagement zusammen. Sie definieren vier übergeordnete Dimensionen „Personal“, „Struktur“, „Kultur“ und „Wissensmanagement-Aktivitäten“.
Die beiden Dimensionen „Personal“ und „Struktur“ orientieren sich an den klassischen betriebswirtschaftlichen Unterstützungsfunktionen, wie Führung, Personalmotivation und -entwicklung als auch die organisatorische und technische Infrastruktur, zu der beispielsweise auch die Arbeitsplatzausstattung zählt.
Die dritte Dimension „Kultur“ im Sinne von Unternehmenskultur entspricht der allgemeinen Auffassung in der Organisationstheorie. Kultur entsteht im Unternehmen und wird durch das Unternehmen bzw. sein Management indirekt beeinflusst (hier durch die Gestaltung von „Personal“ und „Struktur“) (Ernst, 2003). Auf der Ebene der Organisation wird eine geringe Mitarbeiterfluktuation angestrebt. Die Kultur umfasst zusätzlich das Profil der Mitarbeitenden, ihre Persönlichkeit, sowie Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Dimension „Wissensmanagement-Aktivitäten“ stellt konkret die Wissensaktivitäten dar, deren reibungsloser Ablauf gewährleistet werden muss, um Wissensmanagement erfolgreich durchzuführen. Diese werden unterteilt in die Wissensansammlung (Wissenserwerb, Wissensgenerierung und Wissensteilung) und die Wissensanwendung (Wissensidentifikation, Wissensnutzung, Wissensverteilung und Wissensbewahrung).
Den Anfang machen
In vielen Unternehmen muss sicher als erster Schritt ein Wandel in der Wissenskultur stattfinden. Es sollte ein Bewusstsein für das Thema Wissensmanagement geschaffen werden. Mitarbeitende müssen sensibilisiert werden, dass die Sammlung ihres Wissens sehr wichtig ist und sie davon profitieren werden. Sind die Strukturen geschaffen und ist der Anfang gemacht, so wird das Zusammentragen von Wissen im besten Fall zu einer routinemäßigen Aufgabe im Arbeitsalltag.
Langfristig kann das ganze Unternehmen profitieren, indem es das eigene Wissen analysiert, Trendthemen in der Wissensnachfrage erkennt, Mitarbeitende entsprechend weiterbildet und so unter anderem den eigenen Service verbessert.
Literatur
Davenport, T. H., & Prusak, L. (1998). Working knowledge: How organizations manage what they know. Harvard Business Press.
Ernst, H. (2003). Unternehmenskultur und Innovationserfolg—eine empirische Analyse. Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 55(1), 23-44.
Helm, R., Meckl, R., & Sodeik, N. (2007). Systematisierung der Erfolgsfaktoren von Wissensmanagement auf Basis der bisherigen empirischen Forschung. Journal of Business Economics, 77(2), 211-241.
Pautzke, G. (1989). Die Evolution der organisatorischen Wissensbasis: Bausteine zu einer Theorie des organisatorischen Lernens (Vol. 58). München: Kirsch.
Raub, S., & Romhardt, K. (1999). Wissen managen: wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Aufl., Wiesbaden.
Welter, M. (2005). Die organisationale Wissensbasis von Dienstleistungsunternehmen: Besonderheiten, Strukturmodell und der Bezug zu Wissensmanagement und organisatorischem Lernen. Zeitschrift für Planung & Unternehmenssteuerung, 16(1), 73-90.