Wie Online-Vergleichsportale die Kaufentscheidung beeinflussen

Von Martina Tekin, veröffentlicht am 09. Mai 2016

Endlich mal wieder zwei Wochen Urlaub am Stück! Der Zeitplan steht fest, das Reiseziel ist gefunden. Fehlen nur noch Flug und Hotel, und zwar zum günstigen Preis. Schließlich möchte man sich den schönen Urlaub nicht davon vermiesen lassen, dass der Zimmernachbar nur die Hälfte gezahlt hat. Also gibt man seine Reisepläne in einige der bekannten Vergleichsportale ein – und schlägt sich nicht selten die halbe Nacht vor dem Rechner um die Ohren, um danach noch verunsicherter zu sein als zuvor. Woher kommt diese schlechte User Experience? Und weshalb kommt man bei weitem nicht so schnell und einfach zum besten Preis, wie es die Werbung verspricht? Die Antwort lässt sich auf eine einfache Aussage reduzieren: Auch Vergleichsportale sind Wirtschaftsunternehmen. Und aus der Notwendigkeit, rentabel zu sein, ergeben sich nicht selten Verbindungen zwischen Anbietern und Vergleichsportalen. So wurde bereits gegen ein Portal eine Klage angestrebt, weil es selbst wie ein Versicherungsmakler auftritt und Provisionen erhält, dies aber nicht transparent kommuniziert. Ein großer Elektronikmarkt warb mit den besten Preisen auf einem Vergleichsportal, setzte dabei aber Sponsored Links ein, mit denen bestimmte Vergleichsbedingungen voreingestellt wurden. Dieses Vorgehen wurde zwar kommuniziert, wirkt aber dennoch kaum vertrauensbildend. Dass Online-Vergleichsportale zwar oft genutzt werden, zugleich aber deutliche Defizite aufweisen, zeigt auch eine Studie der EU-Kommission: - 74% der EU-Konsumenten haben bereits eines der Vergleichsportale besucht; 40% nutzen sie mindestens einmal im Monat. - Für 79% der Vergleichstools-Nutzer ist der Preisvergleich der wichtigste Aspekt. - Bei 35% der User hat die Nutzung eines Vergleichsportals zum Kauf geführt. - Nur 16% der erfassten 1.042 europäischen Vergleichstools (910 Websites und 132 Apps) werden von Verbraucherverbänden oder nationalen Regulierungsbehörden betrieben; der Rest sind privatwirtschaftliche Anbieter. - Weniger als die Hälfte der untersuchten Vergleichsplattformen gab Auskünfte über ihr Geschäftsmodell und Verbindungen zu Anbietern. Auch schwieg man sich über die Entstehung von Rankings aus. Nur 11% machten Angaben über ihre Marktabdeckung und 18% darüber, wie häufig die Daten aktualisiert werden. - 65% der befragten Konsumenten gaben an, bei der Nutzung Probleme wegen ungenauer Informationen gehabt zu haben. Es zeigt sich also, dass genau die Preistransparenz und Marktoffenheit, mit denen die Vergleichsportale werben, für sie selbst oftmals nicht gilt. Das belegt auch eine Untersuchung der Verbraucherzentralen im Rahmen des Marktwächters Digitale Welt vom 18.2.2016, die sich auf die Marktsemente Energie, Telekommunikation und Flugreisen konzentriert: - Unterschiedliche Portale gehören oft zum gleichen Unternehmen; die Auswahl ist also eingeschränkter als man denkt. - Zwischen Online-Vergleichsportalen bestehen zum Teil starke Preisschwankungen. - Bei Telekommunikation und Flugreisen werden Reisen und Tarife auf der Homepage des Anbieters oft günstiger als auf den Portalen angeboten. - Die Portale entscheiden selbst, welche Anbieter sie aufnehmen. Damit hat der Kunde keinen wirklich umfassenden Marktüberblick – zumindest solange er nicht mehrere Portale von unterschiedlichen Betreibern nutzt. Die Untersuchung zeigt auch auf, welche Portale die Bekanntesten sind. Bei Flugreisen sind dies expedia.de, check24.de, swoodo.de; bei Gas- und Stromtarifen check24.de, verivox.de, preisvergleich.de; bei Telekommunikationstarifen check24.de, verivox.de, chip.de. Für Werbetreibende bedeuten diese Erkenntnisse: Vergleichsportale können ein funktionierender Vertriebsweg und ihre Betreiber erfolgversprechende Vertriebspartner sein – wenn das Produkt oder die Dienstleistung passt. Artikel und Leistungen, die an Impulskäufer mit geringer Kundenloyalität zu günstigen Preisen abgestoßen werden sollen, sind hier durchaus richtig platziert. Man sollte sich aber im Klaren sein, dass man damit vor allem Kunden gewinnt, denen in erster Linie tiefe Preise wichtig sind und die entsprechend schnell abwandern können, während man sich selbst auf eine Preisspirale einlässt. Um Unzufriedenheit und daraus resultierend Retouren zu vermeiden, sollte man außerdem zumindest darauf achten, dass nicht der eigene Internetshop die Preise der Vergleichsportale unterbietet.

Fazit:

Vergleichsportale werden von einem Großteil der Verbraucher zu Rate gezogen, zumal in Zeiten von ROPO (Research Online, Purchase Offline). Sie sind tatsächlich aber nur bedingt hilfreich: Ihr derzeitiges Geschäftsmodell führt zu einem Konflikt mit der Erwartungshaltung der Kunden, die sich einen neutralen Vergleich und den wirklich besten Preis erhoffen. Kritische Verbraucher werden ihre Kaufentscheidung daher verstärkt nicht aufgrund der Recherche in nur einem Vergleichsportal treffen und vermehrt auf Objektivität und Transparenz pochen. Es bleibt also abzuwarten, wie lange die Portale noch das Vertrauen der Interessenten und Kunden genießen. Daraus ergibt sich umgekehrt die langfristige Chance für alle Webetreibenden, die auf Transparenz, nachvollziehbare Preisgestaltung und kundenorientierte Vertriebswege setzen.
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Martina Tekin

studierte Politik- und Medienwissenschaft sowie Vor- und Frühgeschichte. Danach war sie mehrere Jahre im Bereich PR/Öffentlichkeitsarbeit sowie später in einer Werbeagentur als Texterin tätig. Zudem arbeitete sie als Redakteurin in einer Marketingagentur.