Werben mit EM-Bezug

Von Kristina Grube, veröffentlicht am 11. Juni 2016

Marketing in Westfalen: Die UEFA ist die Veranstalterin der Fußball-Europameisterschaft 2016. Welche Rechte liegen damit bei ihr? Martin Boden: Das ist ein bunter Strauß. Als Veranstalter hat die UEFA die Senderechte an den Spielen. Ansonsten muss auch die UEFA den Schutz der weiteren Rechte durch deren Registrierung besorgen. Die UEFA hat sich zum Beispiel die Marken „Euro 2016“, „UEFA  Euro 2016“, „France 2016“, „Le rendez-vous“, „EUROCOPA 2016“ oder auch „Super Victor“ als Marken für alle Arten von Waren und Dienstleistungen, teils als Wortmarken, teils als Wort-/Bildmarken, also einer Kombination aus Wort und einem Logo, gesichert. Interessanterweise ist der Begriff „EM 2016“ nicht geschützt. Zudem sind eine große Zahl von Designs als europäisches Geschmacksmuster registriert, so das Maskottchen „Super Victor“ in allen fußballerischen Lebenslagen wie auch das Logo mit dem Pokal, das wir in den kommenden Wochen immer wieder sehen werden. Marketing in Westfalen: Was bedeutet das für Unternehmen, die mit dem Logo oder dem Markennamen werben wollen? Martin Boden: Es gibt zum einen die offiziellen Sponsoren. Diese zahlen entsprechend viel Geld, um umfänglich mit den Marken und Designs der UEFA zu werben und insbesondere, um sich als offizieller Partner darstellen zu dürfen. Andere Unternehmen müssten sich grundsätzlich die Zustimmung für die geschäftsmäßige Verwendung dieser Schutzrechte vorab einholen. Das kann mit einem Lizenzvertrag geregelt werden. Marketing in Westfalen: Was wird in einem solchen Lizenzvertrag festgelegt und was muss dabei bedacht werden? Martin Boden: In einem Lizenzvertrag wird geregelt, welche Produkte von dem Unternehmen mit den geschützten Marken in den Verkehr gebracht werden dürfen und welche Gebühren dafür anteilig an die UEFA zu zahlen sind. Insbesondere wird in einem solchen Vertrag auch genau festgelegt, in welcher Ausführung genau z.B. die Logos verwendet werden dürfen. Marketing in Westfalen: Mit welchen Folgen müssen Unternehmen rechnen, die ohne den Lizenzerwerb werben? Martin Boden: Verwendet ein Unternehmen geschützte Marken oder Designs, ohne die Zustimmung der UEFA, ist mit einer Abmahnung seitens der UEFA zu rechnen. Allein die Anwaltskosten, die das abgemahnte Unternehmen bei einer berechtigten Abmahnung zahlen muss, belaufen sich dafür auf mindestens 1.500 Euro, je nach Art des betroffenen Schutzrechts. Hinzu kommt dann mitunter noch eine Schadensersatzzahlung. Üblicherweise wird diese dann in Höhe einer fiktiven Lizenzgebühr fällig. Das heißt, das Unternehmen muss dann die Lizenzgebühren an die UEFA zahlen, die es bei einem vereinbarten Lizenzvertrag hätte zahlen müssen. Alternativ kann aber auch der gesamte Gewinn zu zahlen sein, den das Unternehmen mit den EURO 2016-Marken oder Designs erzielt hat. Marketing in Westfalen: Dabei stellt sich nun die Frage: Darf ein Unternehmen, das kein offizieller Sponsor ist und auch keine Lizenz erworben hat, nun gar nicht mit Hinweisen auf die Europameisterschaft seine Produkte bewerben? Wann ist eine Werbung, die sich auf die EM bezieht, zulässig? Martin Boden: Hier darf ich glücklicherweise nun alle wieder beruhigen. Eine Markenverletzung mit den zuvor beschriebenen, durchaus drastischen Folgen kommt nur in Betracht, wenn ein Unternehmer die Begriffe tatsächlich markenmäßig im geschäftlichen Verkehr verwendet. Das heißt zum einen, dass ein privater „Martins Euro 2016 Blog“, in dem persönliche Erlebnisberichte der Grillfeiern zu den Deutschlandspielen veröffentlicht werden, per se keine Markenverletzung begründen können, da es eben am Handeln im geschäftlichen Verkehr fehlt. Verkauft ein Bäcker hingegen das „UEFA Euro 2016 Brötchen“ sieht es anders aus. Hier wird die Marke für die Kennzeichnung des Produkts Brötchen eingesetzt, also in markenmäßiger Weise, wie wir Markenanwälte das nennen. An so einer markenmäßigen Verwendung fehlt es, wenn ich den geschützten Begriff rein beschreibend verwende. Wirbt der Bäcker: „Anlässlich der UEFA Euro 2016 gibt es bei uns alle Brötchen zum Preis von 16 Cent“ fehlt es an einer markenmäßigen Verwendung. Die EM wird nur als beschreibender Aufhänger für die Werbeaktion genommen. Niemand käme hier auf die Idee, dass der Unternehmer mit der UEFA tatsächlich in Verbindung steht. Sobald diese Idee geweckt würde, ist die Werbung wiederum kritisch. Ein „Super-Victor-Rabatt“ könnte durchaus Anlass zu der Schlussfolgerung geben, dass der Unternehmer mit dem Segen der UEFA wirbt. Das sind dann die Problematiken des so genannten „Ambush-Marketings“, wenn also gezielt der Ruf und der Glanz des Großereignisses für das eigene Unternehmen ausgenutzt werden sollen. Marketing in Westfalen: Bedeutet das, dass die Markenbezeichnung „Euro“ plus entsprechender Jahreszahl im werblichen Kontext als Markting-Formulierung für immer wegfallen wird? Das scheint eine große Einschränkung zu sein. Martin Boden: Das ist ein interessanter Aspekt. Die Marke „Euro 2016“ ist 2006 und nochmals 2009 eingetragen worden für jegliche erdenkliche Warenarten. Marken müssen aber, damit der Inhaber gegen andere vorgehen darf, in den vergangenen 5 Jahren genutzt werden. Mir ist persönlich zum Beispiel: kein „Euro 2016 Shampoo“ oder ein „Euro 2016 Bier“ bekannt. Die Nichtbenutzung der Marke führt aber dazu, dass jeder sie löschen lassen darf bzw. der Abgemahnte den Einwand der Nichtbenutzung erheben darf. Dies dürfte in vielen Fällen erfolgreich sein, wobei es da immer auf den berühmten juristischen Einzelfall ankommt. Interessanterweise ist die Marke „EM 2016“ nach meinem Wissen überhaupt nicht geschützt. Der Süßwarenhersteller Ferrero scheiterte mit der Marke „EM 2012“ vor dem Bundespatentgericht, weil der Begriff als reiner Hinweis auf die Europameisterschaft 2012 verstanden werde und damit nicht als Marke, die immer ein Hinweis auf ein bestimmtes Produkt ist. Ich denke, die UEFA hat es daher gar nicht probiert. Das bedeutet, dass deutsche Unternehmen durchaus mit einem „EM 2016-Rabatt“ oder einer „EM 2016-Aktion“ werben dürfen. Ganz unproblematisch sind Werbungen mit Fan-Würsten oder Tor-Rabatten. Vorsicht muss man aber unbedingt bei den geschützten Designs, also insbesondere dem Logo und den Maskottchen walten lassen. Bei Designs kommt es allein auf die Verwendung an. Eine Unterscheidung zwischen markenmäßig und beschreibend gibt es hier nicht. Insofern muss hier der klare Rat lauten: Finger weg von den offiziellen grafischen Gestaltungen. Marketing in Westfalen: Was muss beachtet werden, will ein Unternehmen mit den Bundesfarben „schwarz-rot-gold“ werben? Martin Boden: Hier gibt es keine wirklichen Beschränkungen. Solange der Unternehmer nicht den Eindruck erweckt, staatlicherseits zu handeln oder irgendwelche Hoheitsrechte zu besitzen, ist schwarz-rot-goldenen Girlanden, Schminksets etc. kein Limit gesetzt. Marketing in Westfalen: Da der rechtliche Aspekt rund um die EM 2016 ein komplexes Thema ist: Was raten Sie Unternehmen, die in Bezug darauf werben wollen? Martin Boden: Solange die Unternehmen nicht den Eindruck erwecken, mit der UEFA in Verbindung zu stehen und ihre Werbung anlässlich der EM 2016 gestalten, ist wenig zu befürchten. Marketing in Westfalen: Vielen Dank für das Gespräch.

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Kristina Grube

hat Crossmedia & Communication Management (MA) an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld studiert sowie Medienkommunikation und Journalismus (BA). Seit Studienbeginn ist sie außerdem als freie Mitarbeiterin für eine lokale Tageszeitung tätig.