Social Recruiting – Spaßveranstaltung oder Ernst des Lebens?

Von Henrike Dibbern, veröffentlicht am 12. Oktober 2017

Zunächst einmal gilt es, die wichtigsten Begrifflichkeiten des Social Recruiting zu klären und wie sie eingesetzt werden: So gibt es die Social Distribution, im Rahmen derer Kandidaten in sozialen Netzwerken direkt angesprochen und angeworben werden. Beim Internet Sourcing bzw. Social Profiling dagegen werden Internetuser über Werbebanner angesprochen. Die Werbe-Logarithmen sorgen dafür, dass passende Kandidaten angesprochen werden – auch, wenn diese (noch) keinen neuen Job suchen. Schauen wir uns also die sozialen Wege zum geeigneten Bewerber/zur geeigneten Bewerberin genauer an und werfen einen Blick auf weitere Möglichkeiten des Social Recruitings. Dazu befassen wir uns zunächst mit den passenden Kanälen:

Wo sind meine neuen Talente?

XING; und LinkedIn sind als Netzwerke für Geschäftsbeziehungen konzipiert – hier sind Sie mit Ihrem Unternehmen hoffentlich ohnehin bereits vertreten. Aber auch Facebook, Twitter oder Google+ werden häufig zum Social Recruiting eingesetzt. Und weil Instagram mittlerweile seine Bedingungen für Unternehmensprofile gelockert hat, können sich experimentierfreudige HR-Profis auch hier versuchen. Was bringt es den Unternehmen? Schon immer war die Arbeit in HR vor allem eines: aktive Kommunikation. Sich mit anderen Menschen vernetzen, Kandidaten und Suchende zusammenbringen, Persönlichkeiten bei einem Gespräch besser kennenlernen als durch den Lebenslauf – jeder Personaler, der sein Handwerk versteht, hat seine Arbeit schon immer von einer sehr sozialen Warte aus gesehen. Social Media fungiert hier gewissermaßen als Reichweiten-Verlängerung: Interessensgruppen interagieren über weite Strecken hinweg, Vorgespräche werden als Chat geführt. Alte HR-Tugenden erhalten also eine Frischzellenkur. Wie das konkret zum idealen „Matching“ führt, können Sie auf dem Blog von Recruitingcoach Henrik Zaborowski nachlesen.

Was bringt es Bewerbern?

Vor allem in Werbung und Marketing hat so mancher Personaler schon unter überambitioniert kreativen Bewerbungen geächzt – etwa wenn ein Fön verschickt wurde, weil der Bewerber für frischen Wind sorgen wollte oder ein Schnitzel, weil jemand sich als ausbeutungswilliges Frischfleisch anbot. Im Social Recruiting dagegen hat man die Möglichkeit, sich frisch zu präsentieren, ohne allzu lästig zu sein.

Wie können KMUs Social Recruiting einsetzen?

Talent Pools bilden und Active Sourcing betreiben, um Beziehungen zu Talenten aufzubauen und bei Bedarf auf sie zurückgreifen zu können: Das gehört ohnehin zum Handwerk von HR-Abteilungen, die vorausdenken. Und mit Social Recruiting lassen sich beide Ansätze noch effektiver umsetzen. Hier einige konkrete Beispiele:
  • Erweitern Sie Ihre Homepage um eine bewerbungsoptimierte Karriereseite – und machen Sie auch gleich den Schritt hin zu Xing, Facebook usw.
  • Selbst, wenn Sie gerade keine Stellen zu vergeben haben: In den sozialen Netzen können Sie aktives Employer Branding betreiben. Nutzen Sie dabei auch die Möglichkeiten eigener Karriere-Profile – die Sie natürlich mit kurzen Reaktionszeiten pflegen sollten. So können Sie sich ganz einfach einen Talent Pool aufbauen.
  • Dreh- und Angelpunkt erfolgreichen Recruitings ist die Kommunikation. Und die folgt in den sozialen Netzwerken eigenen Regeln. Kunden wollen hier keine plumpen Verkaufsaussagen, sondern gutes Storytelling. Und das spricht auch Kandidaten an. Behalten Sie also beim Bespielen der Social-Media-Kanäle immer die Frage im Hintergrund: Wie kommt dieser Beitrag wohl bei High Potentials an?
  • Nutzen Sie die Chance, dass jedes Netzwerk einen eigenen Charakter hat. Wenn Sie also Stellenanzeigen platzieren, formulieren Sie diese entsprechend individuell. Unterscheiden Sie auch, welche Stelle Sie wo suchen.
  • Scheuen Sie sich nicht, Ihre Recruiting-Präsenz zu bewerben! Dazu ein Beispiel: Ein qualifizierter Mitarbeiter eines Wettbewerbers besucht während seines Arbeitstags berufsrelevante Websites. Am Abend bringt sein Browser zahlreiche gesammelte Cookies mit, wenn er noch privat zum Beispiel bei Facebook vorbeischaut. Und diese Cookies, die seine beruflichen Interessen widerspiegeln, sorgen dann dafür, dass Ihr Unternehmen in seiner Timeline als „sponsored content“ auftaucht.

Wo lauern die Fallstricke?

Wie so oft im Netz: bei rechtlichen Belangen, vor allem in Bezug auf Datenschutz. Gerade bei der Datenerhebung auf Facebook zum Privatleben und zu den Interessenssphären eines Bewerbers kann es sein, dass diese nicht zulässig ist. Sicherer ist man hier naturgemäß bei Karriere-Netzwerken, in denen es nur um Berufliches geht. Dennoch: Um rechtlich abgesichert zu sein, besprechen Sie Ihre Social Recruiting-Aktivitäten mit Ihrem Rechtsberater.

Fazit

Social Recruiting ist eines der Trendwörter im Personalwesen geworden – und obwohl es sich kaum eine HR-Abteilung mehr leisten kann, darauf zu verzichten, sind sich viele Experten noch nicht einmal über die Begriffsdefinition einig. Denn Recruiting, das ehrlich gemeint ist, war schon immer sozial. Und, so sagen manche, Social Media Recruiting ist nur ein Aspekt der Gesamtaufgabe des Social Recruitings. Doch Fakt ist: Soziale Medien sind ein wichtiges Instrument, um auch in Zukunft drei wichtige Aufgaben bei der Kandidatenfindung erfüllen zu können: Machen Sie sich interessant. Knüpfen Sie Verbindungen. Halten Sie Kontakt.
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Henrike Dibbern

studierte Soziologie, Politik- und Verwaltungswissenschaft. Seit 2014 arbeitet sie als Redakteurin in einer Marketingagentur.