Slow Marketing – Alles, nur kein schneller Hype

Von Henrike Dibbern, veröffentlicht am 28. März 2017

Perfekter Mix aus Sorgfalt und Persönlichkeit

Slow Marketing ist vor allem ein Gegenentwurf zu den immer ausgefeilteren Cross Marketing-Kampagnen, die auf möglichst vielen Kommunikationskanälen gleichzeitig den Kunden mit Werbebotschaften bombardieren.
In der entschleunigten Bewegung heißt es: Präsenz zeigen. Maßschneidern. Mit Sorgfalt und Genauigkeit arbeiten. Produkte bewerben, die den Kunden in seiner Situation auch wirklich betreffen. Langlebige und tiefgehende Kundenbindungen aufbauen und dabei immer authentisch sein.

Denn das der nächste wichtige Punkt im Slow Marketing: Wenn Sie einem Interessenten persönlich, beratend und mit einer authentischen Ernsthaftigkeit und Genauigkeit zur Seite stehen, haben Sie nicht nur einen schnellen Abnehmer, sondern einen dauerhaften Kunden gewonnen.

Relevanter Content statt Clickbaiting

Man darf seine Kunden nicht unterschätzen: Fast alle sind genervt von vielversprechend klingenden Überschriften, hinter denen dann kein relevanter Content steht. Clickbaiting ist keine echte Strategie, denn: Niemand will 10 Kilo in 10 Tagen verlieren. Oder zumindest glaubt niemand mehr diese Versprechen.

Die Menschen sehnen sich nach Beständigkeit und langlebigen Produkten. Das zeigt sich auch an den Themen, die aktuell auf Lifestyle Blogs kursieren: Meditation, Slow Food, Nachhaltigkeit, Müllvermeidung und Fair Trade.

Das ist natürlich alles hoch löblich und klingt mehr als einleuchtend. Aber macht Slow Marketing wirklich Sinn?

Slow Marketing Angebote: Vom Zeitlupencoaching bis zum Eselsritt

Wenn Sie diesen Artikel mit nur maximal 15 Wörtern pro Minute lesen, so wie es der Psychologe George Pennington in seinem Zeitlupencoaching vorschreibt, brauchen Sie fast eine Stunde, um fertig zu werden. Klingt lang. Und ist natürlich völliger Unsinn. Aber nicht für viele gestresste Manager.

Manager mieten sich neuerdings auch ein Coboat – einen Coworking Space auf einem Katamaran, der einmal um die Welt segelt. Einmal digitaler Nomade sein und mit der frischen Brise um die Nase zu neuer Kreativität finden. Fernab von der Welt, das bietet auch das Hotel Edelweiss & Gurgl im idyllischen Ötztal mit Offline-Wochen, die gut gebucht sind. Erst wenn das Smartphone von der Rezeptionistin konfisziert wurde, kann ein entspannender Urlaub losgehen. Ganz ähnlich ist das Angebot des Schweige-Workshops in einem Kloster. Es geht darum wieder zu sich selbst zu finden, statt von unnötigen Marketingkampagnen abgelenkt zu werden. Dabei ist es ganz gleich, ob das Angebot eher meditativ oder aktiv ist.

Slow Marketing-Kampagnen können dabei nach außen hin sehr seltsam wirken. Mit dem Miet-Esel durch die Uckermark reiten klingt nicht unbedingt nach Urlaub. Doch für gestresste Seelen ist es die perfekte Methode, um wieder mit dem Rhythmus der Natur zu leben.

Slow im Online Marketing

Eine extreme Form des Slow Marketings für Online-Werbekampagnen zeigt die britische Firma Ronseal, die Farben herstellt. Ein drei Minuten langes Youtube Video zeigt einfach nur einen Mann, der seinen Zaun neu streicht. Keine witzigen Dialoge, keine überraschende Wendung. Nur der Mann und der Zaun. Und doch hat das Video mit über 83.000 Views einen gewissen Erfolg zu verzeichnen. Selbst die "Extended Version", die es auf über elf Minuten Spieldauer bringt, kann noch 13.000 Klicks verzeichnen. Wenn man sich dann noch vor Augen führt, dass die meisten anderen Videos auf dem YouTube-Kanal von Ronseal nur auf Zahlen im unteren dreistelligen Bereich kommen, lässt es sich nicht mehr leugnen: Die Briten haben mit ihrer Idee den Zeitgeist getroffen.

Kampagnen wie diese gibt es inzwischen einige – aber welche Bedeutung hat Slow Marketing neben den üblichen Marketingformen im Alltag? Wie kann eine solche ruhige und überlegte Strategie aussehen?

Slow Marketing – Mit Sinn und Verstand

Schon der langsame, akribische Protagonist John Franklin aus dem berühmten Roman "Die Entdeckung der Langsamkeit" wusste: Wer sich auf seine Beharrlichkeit verlässt und nicht jeden schnelllebigen Trend mitmacht, kommt umso besser zu persönlichem Erfolg. Was Franklin und der Kunde von heute gemeinsam haben, ist der Wunsch nach Beständigkeit.

Das A und O ist es, sich auf eine stimmige Strategie und Konzeption zu konzentrieren und eine beständige Relevanz von Inhalten zu produzieren. Es ist notwendig, dem Kunden und seinen Bedürfnissen zuzuhören, statt gnadenlos auf ihn einzureden. Das fördert einen nachhaltigen und langlebigen Beziehungsaufbau.

Kundenzufriedenheit setzt Kundenzentriertheit voraus. Das bedeutet vor allem auch, eine nachhaltige Kommunikation mit dem Kunden aufzubauen und die eigene Marke immer glaubwürdig und ehrlich zu präsentieren.

Möchte man Strategien des Slow Marketing anwenden, gilt es zu akzeptieren, dass die Dinge ihre Zeit brauchen. Dass man Geduld haben muss, um das endgültige Vertrauen zum Kunden zu gewinnen und dass es im Gegenteil kein Gewinn ist, nur ein kurzes Interesse geweckt zu haben. "Für immer" ist also besser, als "Gleich hier, heute und jetzt!".

Reflektieren, statt reagieren – ein Fazit

Die extremen Formen des Slow-Trends können Sie getrost außer Acht lassen. Zudem sind manche Ansätze auch nur für bestimmte Produkte und Dienstleistungen umsetzbar. Eine reflektierte und persönliche Marketingstrategie, die auf wenige und dafür fundierte Beiträge und eine punktgenaue Zielgruppenansprache setzt, allerdings nicht. Denn das ist es, was Slow Marketing im Kern wirklich ausmacht und was Ihnen, egal in welcher Branche Sie tätig sind, den langfristigen Erfolg sichert.
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Henrike Dibbern

studierte Soziologie, Politik- und Verwaltungswissenschaft. Seit 2014 arbeitet sie als Redakteurin in einer Marketingagentur.