Sexy oder Sexismus? Eine Streitfrage - nicht nur in der Werbung

Auslöser für die Neuauflage der Sexismus-Debatte, ist ein Vorschlag des Bundesjustizministers Heiko Maas, der ein Verbot sexistischer Werbung per Gesetz forderte. Kaum ausgesprochen, ging ein Aufschrei durch die Werbebranche. Durch ein gesetzliches Verbot werde Zensur ausgeübt, lautete der Vorwurf.
Applaus gab und gibt es hingegen von Vereinen wie Pinkstinks oder städtischen Initiativen, die mit Gegenkampagnen und Petitionen jetzt für Aufmerksamkeit sorgen.
Wir werfen einen Blick auf die Positionen und Argumente der sensiblen Debatte.
Wann ist Werbung sexistisch?
Sexistisch ist eine Werbung dann, wenn sie Geschlechter auf stereotype Weise darstellt, wenn sie Unterwerfung als tolerierbar zeigt oder wenn eine Person als rein dekorativer Blickfang inszeniert wird. So ähnlich formulieren es die Unterstützerinnen und Mitglieder von Pinkstinks Germany.
Das Hauptziel des eingetragenen Vereins ist nach eigenen Angaben die geschlechtergerechte Vermittlung von Frauenbildern in Medien und Werbung.
Mit zahlreichen Kampagnen, Protesten und Demonstrationen mischt Pinkstinks, in Politik und Gesellschaft mit: So beriet die Initiativen den Bundesjustizminister Maas in Sachen Gesetzesentwurf und appelliert derzeit über die eigene Webseite und über die sozialen Medien per Online-Petition für Maas´ Verbot sexistischer Werbung:
Alles nur Meinungsmache?
Die Werbebranche reagiert auf die Ambitionen der Politik empört wie auch die Fachzeitschrift Werben und Verkaufen berichtete und empfindet die geplanten Reglementierungen als Einschränkungen in ihre Gestaltungsfreiheit und damit als Eingriffe in ihre Rechte.Von Journalisten kommen noch weitere Argumente hinzu: Der Staat würde mit einem gesetzlichen Verbot in die Meinungsfreiheit eingreifen und der Gesellschaft diktieren, welche Form von Freizügigkeit erlaubt ist und welche nicht.
Oder die Sexismus-Debatte stecke Frauen in eine Opferrolle, anstatt die Gleichberechtigung voranzutreiben.
In der Zwischenzeit sind einige Städte wie Bern und Basel oder auch deutsche Stadtteile von der Diskussion zur Handlung übergegangen.
Keine sexistische Werbung im öffentlichen Raum:
Im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg gibt es längst ein Verbot sexistischer Werbung. Hier können sich Bürgerinnen und Bürger bei einer Arbeitsgemeinschaft der Bezirksverwaltung über unangemessene Werbung beschweren.Eine Jury prüft diese Hinweise dann auf diskriminierende, sexistische oder frauenfeindliche Inhalte und fordert, im Fall der Fälle, durch das Bezirksamt die Werbegesellschaften dazu auf, entsprechend eingestufte Werbung abzuhängen. Der Geltungsbereich dieses Projektes beschränkt sich aktuell auf 23 Werbeflächen.
So ähnlich will Heiko Maas das Verbot auch auf Bundesebene durchsetzen.
Was würde der Werbung tatsächlich fehlen?
Können Werber dann nicht mehr ihrem Job nachgehen? Wohl kaum.In unserem Beitrag “Sex sells” haben wir bereits dargelegt, dass Untersuchungen den alten Leitspruch entkräftet haben und ergaben, dass ein erotisch aufgeladenes Umfeld zu stark ablenkt und ein Großteil der Werbebotschaft dadurch verpufft.
Natürlich geht es in der Debatte nicht nur darum wie die oben beschriebenen verschiedenen Positionen deutlich machen. Niemand sollte diskriminiert und genauso wenig kontrolliert werden.
Weiter offen bleibt jedoch die Frage, ob allein ein Antisexismus-Gesetz hier Abhilfe schaffen kann? Wie sehen Sie das?
Aus aktuellem Anlass
In seiner Halbjahresbilanz 2016 hat sich nun der Deutsche Werberat zu der Debatte geäußert. Dieser differenziert dabei klar zwischen sexualisierter und sexistischer Werbung. Den Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas, sexualisierte Werbung generell zu verbieten, lehnt der Deutsche Werberat entschieden ab. Werberatschefin Julia Busse sagte im Interview mit dem Tagesspiegel dazu: „Sexy ist nicht gleich sexistisch. Erotik gehört zum Leben dazu und damit auch zur Werbung.“ Es sei daher lebensfremd, erotische Werbung zu verbieten.Sexismus gehöre stattdessen an den Pranger und dafür sorge der Deutsche Werberat auch. Im Bereich der geschlechterdiskriminierenden Werbung beanstandete der Werberat 48 Werbemaßnahmen im ersten Halbjahr 2016. Geändert oder gestoppt wurden 37 von ihnen und 11 Unternehmen erteilte die Selbstkontrolleinrichtung eine öffentliche Rüge.
