Interview mit zwei Experten für (neue) Werbeformen

Von Julia Ures, veröffentlicht am 05. März 2019

Herr Springer, Herr Pepping, das neue Jahr ist erst wenige Wochen alt. Welche Trends oder Entwicklungen sehen Sie für 2019?

Daniel Springer: Ganz klar sehe ich als eine der größten Baustellen für Unternehmen in diesem Jahr noch stärker denn je das Thema Recruiting.

Dieter Pepping: Wobei es interessant ist zu beobachten, dass es mittlerweile – und das ist anders als früher – auch kleine Unternehmen sind, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, auseinandersetzen müssen. Früher waren es oft große Unternehmen, die in den MINT-Berufen Bewerber gesucht haben. Heute suchen auch Bäcker, Frisöre, Handwerksbetriebe händeringend gut ausgebildete Mitarbeiter. Die Hauptherausforderung dabei ist für die Personalverantwortlichen: Wie erreiche ich möglichst die richtigen potentiellen Bewerber. Hierzu bieten sich unterschiedliche Mediengattungen an. Als Tagesbegleiter bietet das Medium Radio sehr gute Möglichkeiten potentielle Bewerber zu erreichen. Generell ist Audio und neuerdings auch Podcast ein hervorragendes Mittel im Mediamix.  

Daniel Springer: Ja, genau Podcasts bieten im Recruiting tolle Möglichkeiten, für kleinere Unternehmen ist er hier nicht ganz so gut geeignet, denn er bringt erst ab einer gewissen Unternehmensgröße einen richtig kraftvollen Effekt. Bei einer bereits aufgebauten Reichweite ist das Medium Podcast sehr gut geeignet als Recruiting-Instrument.

Wenn wir schon beim Thema Podcast sind: Welches sind die Kanäle, die Medien, die Sie für 2019 und die Zukunft für besonders zukunftsweisend einstufen?

Dieter Pepping: Unser Kerngeschäft bleibt natürlich die Hörfunk- und Audiovermarktung, aber wir haben auch die Veränderungen im digitalisierten Markt im Auge. Dieser macht vieles fragmentierter und diversifizierter. Neben dem klassischen UKW-Radio, werden heute u.a. auch über mobile Endgeräte,  Apps, und Smartspeaker sowie über Radio-Webstreams und diverse Streaming-Dienstleister wie Radioplayer.de unsere Programme gehört.    

Daniel Springer: Smarte Steuerung und Bedienung ist momentan der absolute Trend, so wünschen sich Nutzer heute lieber ein Radio mit Sprachsteuerung.  Insgesamt lässt sich auch feststellen, dass der Werbemarkt immer kleinteiliger wird. Unternehmen setzten früher lange Zeit nur auf ein großes Werbemedium, z.B. in der Tageszeitung. Dann kam das UKW - Radio hinzu – hier wachsen die Umsätze ja auch noch weiter. Es war also recht einfach als Werbetreibender seine Zielgruppen zu erreichen. Mittlerweile gibt es so wahnsinnig viele Kanäle, die ich bespielen kann um meine Werbung zu platzieren: Displaywerbung, Google-Ads, Faceboock bzw. Social Media allgemein, AudioStreams und vieles, vieles mehr. Für unseren Werbekunden ist es die Aufgabe, sich so aufzustellen, dass er seine definierte Zielgruppe bestmöglich und effektiv erreicht und den Nutzen und Schwerpunkt der jeweiligen Kanäle abzuwägen und zu managen.

Das klingt nach keiner leichten Aufgabe, hier auch bezüglich der Trends und immer schnelleren Entwicklung am Ball zu bleiben. Was braucht es dazu?

Daniel Springer: Ganz klar: Fachkompetenz! Da kommen wir dann wieder zum Thema Recruiting zurück. Unternehmen brauchen versierte Marketingexperten, die sich auskennen und den Markt ständig beobachten. Es muss auch ganz individuell abgewägt werden, ob ich mit meinem Unternehmen bzw. meiner Branche alle Kanäle bedienen muss oder mich vielleicht besser auf 3 bis 4 Medien konzentriere.

Dieter Pepping: Unternehmen brauchen Orientierung. Wir als Mediaberater zum Beispiel haben die Tools dazu. Das heißt, wir wissen, was funktioniert online, was besser in Social Media, in Sonderwerbeformen etc. Oder nehmen wir die eben beschriebene Veränderung des Radios von der UKW-Technologie hin zu digitalem Empfang: Das steht ja nicht still. Wir müssen die Entwicklung des Audiomarktes ständig im Blick behalten. Es gibt heute viel mehr Möglichkeiten und dabei gilt es im Werbemarkt die Übersicht zu behalten und mit Know how zu beweisen, welche Werbeformen zu welchem Zweck, gerne auch crossmedial, besonders gut geeignet sind.

Wie behalten Sie in diesem sich ständig weiterentwickelnden Markt den Überblick?

Dieter Pepping: Ein ganz wichtiger Aspekt ist sicherlich: Wir müssen unseren Kunden sehr gut zuhören.

Daniel Springer: Um den Markt zu verstehen, muss man schon auch eine Affinität zu diesen Produkten haben. Sonst wird es schwierig. Und es gilt natürlich auch immer das jeweilige Budget zu berücksichtigen. Was nützt es, wenn wir Konzepte entwickeln, die ein Unternehmen schlicht nicht finanzieren kann oder möchte?

Sie haben das nötige Know how angesprochen. Die Möglichkeiten sich zu informieren sind so vielfältig wie unübersichtlich. Viele „Lehren“ sind auf dem Markt, die teils sicherlich Schnittmengen zeigen, aber sich auch durchaus widersprechen. Woher bekommen Sie die nötigen Informationen über den Werbemarkt ?

Daniel Springer: Wir beobachten so viel es geht: Natürlich tauschen wir uns viel mit Agenturen aus, was ist gerade Trend. Wir beobachten auch das Netz und, wie eben schon erwähnt, müssen wir unseren Kunden gut zuhören. Außerdem informieren wir uns über sachkundige Newsletter, über Portale wie Xing und Social Media insgesamt, besuchen Veranstaltungen, Schulungen, Workshops und sitzen mit sehr offenen Ohren in vielen Besprechungen.

Dieter Pepping: Es ist toll, wenn man sich immer wieder für Neues begeistern kann. Es ist spannend, immer wieder über den Tellerrand hinauszuschauen und etwas Neues zu entdecken. Und gerade beim Zuhören, in diesem Fall beim Hören von Podcasts,  kann man sich auf eine faszinierende akustische Reise begeben. Ob Informatives zur beruflichen oder auch zur persönlichen Weiterentwicklung, über spannende Erzählungen bis hin zu rührenden und ganz emotionalen Geschichten. 

Und dann war da noch:

Das Barbaradio, über welches ich gestolpert bin, ein personifiziertes Radio von Barbara Schöneberger. Das fand ich sehr spannend, denn es steckt ein verrücktes Konzept dahinter. Und vielleicht finden wir das bald schon nicht mehr verrückt, sondern ganz normal. Wir haben ja für die OWLplus-Lokalradios bereits Webchannels, in denen der Hörer nach seinen eigenen Wünschen Musiksparten auswählen kann. Es wird noch sehr viel individueller werden. Der Markt ist immer in Bewegung und es wird viel experimentiert!

Wo fügt sich da Podcast ein?

Daniel Springer: Der Podcast erweist sich als sehr günstige Verlängerung, als Erweiterung der Inhalte aus dem Radioprogramm. Die Sender können Themen hier vertiefen und der interessierte Hörer kann viel mehr erfahren.

Dieter Pepping: Aus Unternehmenssicht verhält es sich so: Im Radiospot kann eine Werbebotschaft kommuniziert werden, hier kriegt die Marke oder das Produkt 30 Sekunden lang die nahezu ungeteilte Aufmerksamkeit des Hörers. Im Podcast kann der Kunde die Marke oder Dienstleistung mit all seinen Faszetten noch viel detaillierter kennenlernen. Insgesamt ist der Podcast hervorragend geeignet, Inhalte in die Tiefe zu kommunizieren und mit gut erzählten Geschichten emotional aufzuladen. Podcasts dauern zwischen wenigen Minuten und über eine Stunde in Einzelfällen auch noch länger. Hier ist grundsätzlich fast alles möglich.

Welche weiteren Vorteile bietet der Podcast im Werbemix?

Daniel Springer: Das Radio gibt es gefühlt schon ewig. Podcast ist ein sehr sexy Produkt, vermutlich das sexieste Produkt, das es derzeit gibt, denn das Nutzungsverhalten geht immer weiter dahin, dass Menschen die Informationen dann und dort abrufen möchten, wo und wann sie es wünschen. Dieses Erleben von Audioinhalten on demand ist extrem gut auf verschiedene, manchmal sehr spitze Zielgruppen ausgerichtet.

Dieter Pepping (nickt): Absolut! On demand ist das Zauberwort.

Daniel Springer: Das macht Podcast einfach für alle interessant: Für Nutzer, weil es bereits heute sehr viel Content gibt. Und natürlich für Werbetreibende, für die es sich immer mehr lohnt mit steigender Reichweite auch im Podcast Werbung zu schalten. Im Marketing sprechen wir ja oft von den vielbemühten „Touchpoints“. Diese sind beim Podcast sehr intensiv. Denn Nutzer schalten sehr bewußt und konzentriert ein. Was gehört wird, bleibt hängen.

Dieter Pepping: Was hinzukommt: Der Touchpoint ist nicht nur sehr intensiv, sondern auch ein anderer. Ein Hörfunkspot kann morgens auf einen Podcast hinweisen. Den Podcast selbst, hört der User dann in einer anderen Nutzungsumgebung bzw. anderen Nutzungssituation, z.b. beim Joggen oder Rasenmähen. Früher wechselten die Hörer ab ca. 20 Uhr vom Radio zum TV. Heute verhält sich die Mediennutzung ganz anders: Man ruft etwas dann ab, wann man es gerne möchte und dies zeitunabhängig.

Daniel Springer: Das führt dazu, dass man beobachten kann, dass Audioangebote insgesamt wieder viel mehr gehört werden. Einfach, weil Audio flexibler und individueller geworden ist. Heute sind 80% der Aufrufe auf Smartspeakern Radioaufrufe. Für uns ist das aktuell ein Riesenpfund, denn wir stellen fest, dass die zurückgehenden Werbeausgaben für klassische Tageszeitungs/- und Printanzeigen glücklicherweise nicht ausschließlich zu Google oder anderen Onlineanbietern abwandern, sondern auch ein "Stück vom Kuchen" im Radio und Audiobereich wiederzufinden ist. Audio boomt und ist lange nicht tot - im Gegenteil, Audio ist lebendiger und innovativer denn je!

Dieter Pepping: Und auch da zeigt sich wieder: Wir müssen nicht nur unsere Unternehmens-Kunden und ihre Bedürfnisse genau kennen, sondern auch den Nutzer immer besser verstehen und kennenlernen. Das ist heute schon wichtiger denn je und wird immer wichtiger werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

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Julia Ures

ist zuständig für die Betreuung der Print- und Online-Kanäle von ams - Radio und MediaSolutions. Sie kümmert sich um die Pressearbeit für die Lokalradios in Ostwestfalen-Lippe und im Kreis Warendorf, ist ausgebildete Hörfunkredakteurin und Moderatorin.