Guerilla Marketing: Strategie mit vielen Gesichtern

Von Martina Tekin, veröffentlicht am 08. Februar 2016

Der Guerilla-Angriff ist nicht nur für kleinere und ressourcenarme Firmen geeignet, sondern wird auch als alternative Werbeform von Großunternehmen genutzt. 1992 hat Jay Conrad Levinson den Begriff Guerilla Marketing eingeführt und bezeichnet diesen als Marketing, das völlig ohne „dicke Geldbündel und Lehrbuchtaktik“ auskommt. Der Marketing-Guerillero nutzt den Überraschungsangriff für sich. Er pointiert und taktiert. Oftmals konzentriert er sich auf eines oder nur wenige Instrumente aus dem Marketing-Mix – denn mehr hat er auch überhaupt nicht nötig!

Die ambitionierten Ziele des Marketing Guerilleros

Natürlich möchte der strategische Guerillero anders, außergewöhnlich sein, um sich von der Masse abzuheben und so einen Wiedererkennungswert für sich zu schaffen. Hierbei behält er stets den großen Werbenutzen im Auge, den er mit sehr geringen Kosten erreicht. Durch den Überraschungseffekt erzeugt er in einer späteren Phase eine Viralität, die ihrerseits wie eine übers Tal hereinbrechende Lawine für eine konstante Steigerung der Reichweite sorgt.

Der „echte“ Nutzen für den Kunden

Im Gegensatz zu breit angelegten Werbekampagnen, die als Massenwerbung meist anonym sind, ist beim Guerilla Marketing die Kommunikation mit dem Kunden interaktiv. Der Guerillero tritt seinem potenziellen Kunden sehr geduldig und mit einer persönlichen und maßgeschneiderten Ansprache gegen, um ihn in den Mittelpunkt zu stellen. Der Kunde, der einer ständigen Informationsüberflutung ausgesetzt ist und Werbung mit einem gelangweilten Augenrollen zu ignorieren versucht, bekommt nun etwas Neuartiges, Spektakuläres und Interessantes zu sehen. Und erst nachdem der reale Nutzen für den Kunden kommuniziert wurde, kommt das beworbene Produkt ins Spiel.

Bereit zum Angriff!

Die unkonventionelle Vermarktung über das Guerilla Marketing ist ebenso simpel, wie genial. Einige der Strategien zum zielführenden Taktieren als erfolgreicher Guerillero:
  • Mundpropaganda
  • E-Mails
  • Bluejacking und SMS-Werbung
  • Streetbranding: negative Schablonenbilder u. Ä.
  • Plakate und Sticker
  • Stirn-Headvertise-Marketing
  • Fahrzeugwerbung
  • Werbung in öffentlichen Verkehrsmitteln
  • T-Shirts
  • Kassenbons, Eintrittskarten
  • Bild- und/oder Textprojektionen auf öffentlichen Flächen
  • Schleichwerbung

Die Genialität des pointierenden Guerilla Marketings liegt allem voran in der Viralität. Zu Beginn wird nur ein medialer Kanal bzw. nur ein Instrument gewählt, um einen lauten werblichen Knall herbeizuführen. Erst im Anschluss werden die Informationen auf mehreren Kanälen verteilt. Dafür gibt es mehrere Herangehensweisen.

Ich hab’ da was Neues! Virales Marketing und Buzz Marketing

Die Verbreitung einer Werbebotschaft über das Empfehlungsmarketing erreicht mittlerweile dank der sozialen Medien ein wesentlich größeres und breiteres Publikum als zuvor. Das Taktieren mit der Tatsache, dass sich die Neuigkeit durch Mund-zu-Mund-Propaganda, wie ein Lauffeuer verbreitet, macht somit vor dem Internet natürlich keineswegs Halt – ganz im Gegenteil: Durch das „Teilen“ und „Liken“ von Inhalten wurde das Social Media Marketing geboren und zum omnipräsenten und überaus wirksamen Selbstläufer. Facebook, Twitter & Co. haben, je nach Zielgruppe, den Kaffeeklatsch und die Tupperparty um Längen geschlagen. Zwitschern geht heute anders!

Die Attacke aus dem Hinterhalt – Trittbrettfahrer Marketing

Auf dem Rücken der Konkurrenz nutzt der blutsaugende Moskito die Expertise und Bekanntheit des Konkurrenten für seinen eigenen Vorteil. Ein Moskito-Guerillero wird also die Schwächen seines Konkurrenten für sich nutzen, indem er sein Angebot komplettiert und genau das anbietet, was der Kunde beim Konkurrenten vermisst! Mit der Strategie des Ambush Marketing wird der Marketer ein bereits existierendes Thema, das ein hohes mediales Interesse aufweist, für sich nutzen, um dieses mit einer bestimmten Werbebotschaft in Verbindung zu bringen. Bei dieser Vorgehensweise ist es fast selbsterklärend, warum der gewiefte Stratege sich mit einem einzigen Instrument entspannt zurücklehnen kann. Die Konkurrenz übernimmt schließlich das breite Marketing auf unterschiedlichen Kanälen.

Wie eine Tarnjacke – Ambient und Sensation Marketing

Bei dieser Strategie passt sich der tarnende Marketing Guerillero perfekt an seine Umwelt an und gestaltet belebte Plätze wie U-Bahnen und Bushaltestellen einfach mal um. Doch auch online hat er mit unerwarteten und zum Teil ganzseitigen Website-Veränderungen seine Finger im Spiel. Den herbeigeführten WOW-Effekt verwendet der Marketer dann mit dem berühmt berüchtigten Sensation Marketing. Den sofortigen Bezug zu seinem Produkt muss der Stratege hier gar nicht realisieren. Er kann diesen später und plötzlich oder sukzessiv deutlich machen. Kennen Sie das: Wenn Sie an einem Laden vorbeigehen und etwas nur unterbewusst wahrgenommen haben, anschließend zurückgehen, um sich zu vergewissern, dass Sie das auch wirklich gesehen haben? Wie die Strategien hervorragend in der Praxis umgesetzt werden können, lesen Sie in Teil 2 unserer Reihe.
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Martina Tekin

studierte Politik- und Medienwissenschaft sowie Vor- und Frühgeschichte. Danach war sie mehrere Jahre im Bereich PR/Öffentlichkeitsarbeit sowie später in einer Werbeagentur als Texterin tätig. Zudem arbeitete sie als Redakteurin in einer Marketingagentur.