Ghosten im Businesskontext

Von Amélie Förster, veröffentlicht am 24. Januar 2023
Telefonhörer liegt auf dem Schreibtisch

Beginnen wir zunächst mal mit dem Begriff „Ghosting“. Für die meisten aus der Generation der Digital Natives dürfte er klar sein. Mein Kollege Dieter Pepping, Key Account Manager bei ams Radio- und MediaSolutions, musste auf meine Frage: „Hast Du im Berufsalltag schon mal Ghosting erlebt?“ erstmal googlen, was das ist. Die gute Nachricht: „Das ist mir im Berufsalltag tatsächlich noch nie passiert.“, sagt Dieter Pepping. „Im Berufsalltag kommt es durchaus mal vor, dass Entscheidungen zwischen den Akteuren projektbezogen mehr Zeit in Anspruch nehmen, als ursprünglich geplant. Dies gehört zum Job dazu und sollte einen nicht verwundern. Gut Ding braucht Weile, daher ist eine gute Kundenbeziehung und Kontaktpflege ein sehr gutes Rezept gegen Ghosting. Und sollte mich dennoch jemand "ghosten" bzw. ignorieren, werde ich ihn nicht dabei stören.“

Aber erstmal zurück zum Begriff: Alle Versuche des Gegenübers erneut Kontakt aufzunehmen verlaufen im Nichts. Als hätte man mit einem Gespenst geschrieben. Nicht selten handelt es sich dabei um Kontakte, die sich noch nie begegnet sind. Ursprünglich stammt der Begriff aus der Welt des Online-Datings. Über Apps und Plattformen suchen viele Nutzer:innen nach der großen Liebe, nicht selten erleben sie einen Kontaktabbruch ohne Vorwarnung oder brechen gar selbst den Kontakt ab. Untersucht wurde das Ghosting besonders aus psychologischer Sicht. Unter Fragestellungen wie: „Schadet uns Ghosting?“ Oder Überschriften wie: „Neue Forschung erklärt die psychologischen Kosten von Ghosting“ geht die Forschung dem Ganzen auf den Grund. Und hierbei kommen die Experten:innen alle zu einem ähnlichen Schluss: Ja, es schadet uns. Unverständnis, Herabwürdigung und Vertrauensbruch, das sind Gefühle und Folgen des Ganzen. Und das betrifft uns nicht nur im Privaten. Denn: Eine andere Art des Ghostings haben wir alle in einem anderen Kontext mit großer Wahrscheinlichkeit auch schon einmal erlebt. Nämlich im Berufsleben, beim Bewerbungen schreiben.

Ghosting haben wir alle schonmal erlebt

Vermutlich ist auch deine Bewerbung schon mal auf einem Stapel in einem Unternehmen gelandet, von dem du nie eine Absage erhalten hast. Durch die Online-Bewerbungen ist es inzwischen so, dass man zumindest oft eine Eingangsbestätigung erhält. Selbst das war früher oftmals nicht der Fall. Doch eine Absage ist auch heute leider nicht für alle Unternehmen selbstverständlich. Gleichzeitig wird aber fast selbstverständlich erwartet, dass man das akzeptiert. Noch im Jahr 2018, kurz vor der Coronakrise, hat Stepstone in einer Umfrage festgestellt, dass jeder zweite Bewerber mehr als 45 Tage auf eine Rückmeldung zu seiner Bewerbung wartet. Noch 2016 waren es fünf Prozent mehr, der Trend weist also abwärts. Ghosting wird selbst in großen Unternehmen mit einer Infrastuktur, die Automatismen hergeben würde, immer wahrscheinlicher.

Doch das Rad dreht sich, gleichzeitig zeigt sich nämlich ein ganz neuer Trend, sowohl in TikToks, Reels, Shorts und Co. aber auch in Blogbeiträgen im Netz taucht häufiger das genau gegenteilige Thema auf: Zunächst interessierte Bewerber melden sich plötzlich nicht mehr zurück, tauchen gar zu bereits verabredeten Bewerbungsgesprächen nicht mehr auf. Oder treten zugesagte Jobs gar nicht erst an. Das Alles ohne abzusagen und ohne Reaktion. Als ich meine Kollegin Regine Gerent nach ihren Erfahrungen mit Ghosting im Bewerbungsprozess befragt habe, war ihre eindeutige Antwort: "Das ist mir zum Glück mit unseren Bewerbern noch nicht passiert."

Auch stundenlanges Warten kann sich wie Ghosting anfühlen

Auch das stundenlange Warten auf eine Rückmeldung, ob nun via Chat, Telefon oder Mail, kann sich wie Ghosting anfühlen. Daher sollte man sich im Team immer klar darüber verständigen, wie man selbst arbeitet und am besten zu erreichen ist, wenn es mal eilt. Finden wir im Team vielleicht einen einstimmigen Weg, um miteinander zu kommunizieren? Welche Themen werden über welchen Kommunikationskanal bearbeitet? Gibt es feste Fristen? Das sind Fragen, die wir zusammen mit unserem Team beantworten sollten.

Aber auch bei abteilungsübergreifenden Projekten ist es sinnvoll, Kommunikationswege zunächst abzustimmen. In bestimmten Situationen, wenn Menschen aus verschiedenen Unternehmen, mit verschiedenen technischen Voraussetzungen zusammenarbeiten ist auch ein Testlauf hilfreich. Man sollte immer wieder evaluieren, ob der gewählte Weg der richtige Weg ist und ggf. nach Verbesserungen Ausschau zu halten. Auch ein Austausch zur Selbstorganisation kann helfen, dass Kollegen:innen sich untereinander nicht vergessen, denn schnell ist eine Teams-Nachricht weggeklickt oder geht zwischen vielen anderen Anfragen unter und irgendwo wartet jemand auf eine Rückmeldung.

Rückmeldung statt Ausweichen

Es kann daher sinnvoll sein, Wege zur Selbstorganisation digital wie auch analog für sich zu erproben. Manchmal sind Stift und Papier mit To-Do-Plänen für eine Woche sinnvoll und funktionieren, damit auch Kleinigkeiten im Alltag nicht untergehen. Ist die Anfrage vielleicht zu lästig oder ist man sich nicht sicher, ob man die Aufgabe übernehmen will, dann ist Ehrlichkeit meistens der beste Weg, den man wählen kann. Denn nichts ist ineffizienter als immer wieder von Kollegen:innen hingehalten zu werden und in der Schwebe zu sein, ob man nun eine Rückmeldung bekommt oder nicht. Denn meistens sind Anfragen besser jetzt als gleich erledigt, das kennst du doch auch von dir selbst, oder?

In diesem Sinne verabschiede ich mich heute aus diesem Text, freue mich natürlich über Feedback zum Thema und Themen, die du gerne mal bei uns lesen willst unter info[at]marketinginwestfalen[dot]de und werde nun natürlich nicht einfach wortlos aus diesem Text verschwinden, sondern sage „Auf Wiederlesen, hier bei Marketing in Westfalen!“.

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Amélie Förster

hat bei verschiedenen Online-Medien gearbeitet und ist ausgebildete Online-Redakteurin. Seit Juli 2018 ist sie bei ams – Radio und MediaSolutions als Online-Redakteurin tätig und betreut das Projekt „Marketing in Westfalen“. Sie ist seit 1998 online, interessiert sich für Social Media, Blogs, Streaming und digitale Technologien aller Art.