Gema, GVL & Co - Musik richtig nutzen

Von Mathias Mersch, veröffentlicht am 27. Oktober 2020

So vielfältig wie die Möglichkeiten Musik einzusetzen sind auch die Modalitäten bei Lizenzierungen und Abrechnungen. Denn es geht nicht nur um Ansprüche von Urhebern, auch Interpreten, Produzenten und Verlage sind zumeist mit von der Partie. Und da die Vermarktung des sehr umfangreichen Repertoires aller geschützter Werke häufig Länderbergreifend stattfindet, ist auch die Organisation der Abrechnung nicht ganz unkompliziert. Es braucht also recht komplexe Strukturen, wie sie nur große Verwertungsgesellschaften bieten können. Die wohl prominenteste ist die Gema.

Die Gema

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte e.V. vertritt etwa 64.000 Komponisten und Textdichter, über 5.000 Musikverleger und ca. 4.500 Rechtsnachfolger. Wenn bei der Gema gemeldete Werke öffentlich aufgeführt werden, zieht diese Gelder von den Nutzern ein und verteilt sie an die Rechteinhaber. Sie bildet zusammen mit den Verwertungsgesellschaften anderer Länder ein Netzwerk mit weltweit über 2 Millionen Mitgliedern. Die Verteilung erfolgt entsprechend der Verbreitung. Je mehr Menschen also ein Werk erreicht, desto höher ist die Ausschüttung an dessen Rechteinhaber. Die Gema darf keine Gewinne erwirtschaften, daher werden Überschüsse anteilig an die Mitglieder verteilt.

Die Einnahmen aus Gema Ausschüttungen – in Deutschland immerhin über eine Milliarde Euro p.a. – sind für einige wenige Künstler sehr hoch. Für die meisten sind die Tantiemen jedoch eher ein nettes Zubrot. Der Schutz eines Werkes erlischt übrigens 70 Jahre nach Tod des Urhebers. Eine Beethoven-Sonate läuft somit unter Gema-freier Musik.

Die GVL

Gema-frei bedeutet allerdings nicht kostenfrei, außer man ist, im Fall der erwähnten Sonate, ein sehr geübter Pianist. Denn auch dem Interpreten eines Werkes stehen Vergütungen zu. Das übernimmt die GVL. Die „Gesellschaft für Leistungsschutzrechte“ bezieht ihre Einnahmen aus dem Gema-Kontingent und schüttet diese an die Musikerinnen und Sänger aus, die ein Werk aufführen.

Lizenzen

Auch die Produktion einer Musik verursacht natürlich Kosten: Studio, Techniker, Arrangeure, Produzenten und Verlage. Letztere sorgen beispielsweise häufig auch dafür, dass ein Werk in jedem einzelnen Land rechtskräftig geschützt wird - ein mitunter erheblicher Aufwand. Die Höhe der Lizenzen liegen im Ermessen der Rechteinhaber, unterliegen also, anders als bei Gema und GVL, keinem festen Satz.

Vorsicht Falle

Medien, wie Radio und TV, führen einen Teil ihrer Einnahmen direkt an die Gema ab. Wer einen Radiospot  mit einer Gema-pflichtigen Musik schaltet, nimmt diese Geldflüsse nicht wahr. Gleiches gilt für Tonträger und Konzerte: Die Gebühren sind immer bereits im Preis enthalten. So entsteht fälschlicherweise der Eindruck, dass die verwendete Musik Gema-frei ist. Das kommt oft erst zum Tragen, wenn der gleiche Titel beispielsweise in der Telefonie eingesetzt werden soll.

Also: Bei Inhalten, die man selbst verwertet, sei es in der Telefonie, als Beschallung in einer Boutique oder im Podcast, ist man auch selbst für die zu entrichtenden Gebühren zuständig.

Fallbeispiel Podcast

Für ein Intro/Outro plus fünf Songs erhebt die Gema 10 Euro pro Monat. Podcasts sind theoretisch über Jahre verfügbar und jeder Monat kostet. Hinzu kommen die weiteren Folgen des Podcasts, auch wenn die Zahlungen bei 300 Euro gedeckelt sind. Gegebenenfalls sind Lizenzen zu verhandeln und häufig auch das Recht ein Musikstück bearbeiten zu dürfen. Das kann schon ein einfacher Musikschnitt sein.

Production Music

Wer sich zumindest Letztgenanntes ersparen will, sollte auf Production Music zugreifen. Dieses sind speziell für die kommerzielle Weiterverwertung produzierte Musiktitel in allen erdenklichen Genres, für jegliche Einsatzzwecke. Die Qualität kann großenteils mit der geläufiger Musiktitel mithalten mit dem zusätzlichen Vorteil, dass das Arrangement häufig auf eine entsprechende Verwertung zugeschnitten wurde.

Der Löwenanteil der in Radio und TV Programmen und selbst in Kinofilmen verwendete Musik stammt aus solchen Archiven. Die beiden größten Player auf diesem Markt sind übrigens Universal und Sonoton mit insgesamt einigen Millionen Musiktiteln.

Gema-freie Musik

Viele kommerzielle Musiknutzer wollen schon aus Gründen der Planungs- bzw. Rechtssicherheit und Einfachheit mit einer Einmalzahlung aus dem Schneider sein. Das jedoch widerspricht dem Prinzip der Gema, Musik entsprechend seiner Verbreitung vergüten zu lassen.

Gema-frei bedeutet, dass die Gebühren für die Musik vom Produzenten selbst erhoben werden. Der besondere Charme liegt darin, dass der Nutzer für gewöhnlich nur ein Buyout zahlen muss. Die Preisansprüche sind dabei oft niedrig, da dieser Markt einem starken Konkurrenzkampf unterworfen ist.

Allerdings: Wo Urheber geringe Ansprüche erheben, sollten auch die Nutzer keine zu hohen Ansprüche stellen. Derartige Musik wird oft mit wenig Aufwand, zunehmend auch von K.I.s „komponiert“. So hat sich mit der Zeit ein Musikformat für kostengünstige musikalische Unterleger entwickelt. Diese sind klanglich und musikalisch eher simpel und bestehen häufig aus einer nur sehr kurzen Schleife. Gleichwohl erfüllen diese sogenannten Musikbetten häufig ihren Zweck, auch wenn sie - nomen est omen – als längere Sequenz gespielt recht einschläfernd wirken können.

Es lassen sich aber auch durchaus lebendige, eingängige, manchmal sogar relativ aufwändig produzierte Musiktitel in Gema-freien Archiven finden. Nicht selten handelt es sich dabei um Zweitverwertungen von bereits vergüteten Produktionen. Hier ist es besonders wichtig, Rechtliches zu beachten. Beispielsweise können derartige Produktionen oft nur für bestimmte Länder oder Medien zugelassen sein.

Die anspruchsvolleren, besonders eingängigen oder originellen Musiktitel sind jedoch natugemäß rar und werden entsprechend inflationär eingesetzt. So fiel mir gerade erst wieder in der Warteschleife meines Energieversorgers eine Musik auf, die ich bereits aus zwei verschiedenen Unternehmen, sowie einer Arztpraxis und einer Behörde kenne. Das ist sicher ein extremer Fall aber durchaus nachvollziehbar. Individualität geht anders!

Musik vom Maßschneider

Viele Unternehmen, die einen kalkulierbaren Kostenrahmen, musikalische Qualität und Individualität möchten, lassen sich ihre Musik exklusiv entwickeln. Hier ist man nicht nur auf der sicheren Seite, man hat als Auftraggeber auch direkten Einfluss auf Konzeption und Entstehung der Musik. Darüber hinaus kann diese immer wieder neuen Ansprüchen angepasst werden kann und so zu einem dynamischen Marketinginstrument werden.

Schlechter als nichts

Musik ist immer die Kür, nie Pflicht. Es kann also durchaus sinnvoll (und manchmal auch entspannend) sein, ganz auf Musik zu verzichten. Leider gibt es unzählige Podcasts und Youtube channels bei denen Musik eher stört als bereichert. Erst eine zielorientierte und reflektierte Auswahl der Musik und deren dosierter Einsatz, lässt sie auch ihren eigentlichen Sinn entfalten, einen Inhalt lebendiger zu machen.

Denn, um bei Nietzsche zu bleiben: „Ohne Leben wäre Musik ein Irrtum.“

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Mathias Mersch

ist Musiker, Texter und Audio-Producer. Er produziert in den ams Studios u.a. Spots, Werbejingles und Promos für die zugehörigen Radiosender.