Eine spannende Zielgruppenanalyse: Das Mysterium „Best Ager“

Das Statistische Bundesamt hat eine animierte Grafik veröffentlicht, in der man sich auf beeindruckende Weise selbst ein Bild davon machen kann, inwiefern die älteren Mitbürger unsere Gesellschaft bestimmen und in Zukunft noch mehr bestimmen werden: Waren im Jahr 2000 noch etwa 36% der Bevölkerung 50 Jahre und älter, wird diese Gruppe in 2050 bereits 51% erreicht haben – etwa doppelt so viele, wie es dann Unter-30-Jährige geben wird. Zahlen, die jeden Werbetreibenden glücklichen machen sollten. Schließlich wird damit eine potentielle Käuferschar größer, die schon aufgrund ihrer Berufsjahre über mehr Einkommen und Erspartes als Jüngere verfügt. Doch an diese Interessenten ist nicht leicht heranzukommen, wie das Beispiel „Seniorenhandy“ zeigt: Spezielle designte Mobiltelefone für ältere Menschen werden nur von kleinen Nischenanbietern produziert (oder wurden gar zum Flop), während der Digitalverband Bitkom feststellt: „(...)sagt die Hälfte (50 Prozent) der Senioren, dass Smartphones für sie eine große Erleichterung im Alltag sind.“ Es scheint also, als ob sich immer mehr „Silver Ager“ nicht mit vereinfachten und seniorengerechten Produkten begnügen wollen, sondern an der Technik der „Jungen“ teilhaben wollen. Dabei entscheiden sie sich dann selbst für das Produkt, das ihnen am besten entspricht und wollen diese Entscheidung nicht von Werbetreibenden diktiert bekommen.
Alt – oder erfahren?
Man darf es nicht vergessen: Die Zielgruppe der Senioren hat schon schlechte Kaffee-Reklame ertragen müssen, als viele Werber von heute noch gar nicht geboren waren. Man sollte also gar nicht erst glauben, dass man den Best Agern irgend etwas vormachen kann. Sie sind weder schlecht informiert noch haben sie keine Ahnung vom Fortschritt. Sie wissen nur ganz genau, was sie brauchen und was für sie unwichtig ist. Für das Marketing bedeutet das: Fakten gehen vor Hype, Produktvorteile vor Image.Treu – aber nicht treudoof!
Senioren zeigen grundsätzlich eine deutlicher ausgeprägte Markentreue als junge Konsumenten. Ein Fakt, auf dem sich Unternehmen lange Zeit ausruhten: Sie haben sich meist darauf konzentriert, Markentreue früh aufzubauen und darauf vertraut, dass die Markenbindung nie verloren geht. Diese Sicherheit ist jedoch trügerisch, denn die Zeiten ändern sich: Ausgestattet mit den Informationsmöglichkeiten des Internet, wandeln sich Senioren von willigen Konsumenten zu kritischen Verbrauchern. Dass ein 45-jähriger Autokunde auf Dauer ein Stammkunde der Marke bleibt, ist zwar nach wie vor wahrscheinlich, aber keine in Stein gemeißelte Wahrheit. Das bedeutet: Marken müssen auch der Klientel 50 plus Anreize geben, um sie als Kunden (und Multiplikatoren!) zu halten.Altersgruppen – oder Erlebniswelten?
Spaßfixierte Teenager, genussorientierte junge Erwachsene, sesshafte Mittvierziger und an Gebrechen leidende Alte? Auf derart schablonenhafte Einteilungen kann man heute nicht mehr setzen – zumal in einer Gesellschaft, in der Hipster in ihren 20er Jahren auf Traditionshandwerk und ökologischen Landbau setzen, während 60-Jährige Väter werden und Pensionäre auf Weltreise im Wohnmobil gehen oder 70-jährige Rocker die Stadien füllen. Dazu kommt, dass die Zielgruppe 50+ keine heterogene Gruppe ist: Vielmehr gibt es, wie in der Gesamtgesellschaft, mannigfaltige Interessen und Lebenseinstellungen. Der Unterschied ist nur, dass der 20-Jährige Surfer eine andere Ansprache braucht als der 55-Jährige Wassersportler. Dass man, wenn man es richtig macht, sogar Großmütter für Facebook begeistern kann, zeigt eine Werbekampagne von Vodafone Rumänien.Authentizität ist das Schlüsselwort
Wer erfolgreiches Seniorenmarketing betreiben möchte, muss sich vor allem an eine Vorgabe halten: Authentizität. Sprechen Sie Silver Ager also so an, wie es ihrer Lebenswirklichkeit entspricht. Kein Mensch in der Zielgruppe 50+ will sich ernsthaft mit 20jährigen Sportskanonen messen, ist aber oft zugleich noch viele Jahre von Zipperlein und Gebrechlichkeit entfernt. Klare Aussagen, ehrliche Statements und überzeugende Fakten: Das ist es, was bei der Zielgruppe der Best Ager Vertrauen schafft. Sprechen Sie niemals von „Senioren“ oder gar von „Alten“, aber gaukeln Sie Ihren Interessenten auch nicht vor, sie wären noch 30. Und wenn schon produktbedingt alterstypische Probleme kommuniziert werden müssen – warum nicht mit Humor? Ein Tipp noch, bevor wir im zweiten Teil konkret auf das Marketing eingehen: Hier finden Sie den Leitfaden „Marketing im Handel für die Generation 50+“ der IHK Dortmund. Dieser ist zwar schon etwas älter, aber eben noch immer relevant. Und das passt ja ganz prima zum Thema …