Die Online Marketing Konferenz Bielefeld - die Highlights

Von Kristina Grube, veröffentlicht am 13. April 2017

Als Nic Lecloux, Geschäftsführer und Mitbegründer des Smoothie-Marktführers "true fruits", den Großen Saal der Stadthalle Bielefeld betrat, erhielt er umgehend die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums – und das, ohne bis dahin auch nur ein Wort gesprochen zu haben. Sein Erscheinungsbild belustigte und irritierte zunächst, denn es entsprach nicht dem Vorstellungsbild eines typischen Geschäftsführers im Anzug. Er trug stattdessen eine knallbunte Jogginghose mit auffälligem Blumen-Print, dazu ein hautenges, schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift "F**k Plastic Bottles" und légère Schuhe, die augenscheinlich ökologischen Nachhaltigkeitsansprüchen genügten.

"Die Zielgruppe nicht mit Werbung überschütten"

Trotz des unkonventionellen Auftritts, verschaffte Lecloux sich umgehend einen direkten Draht zu seinen Zuhörern und animierte den gesamten Saal zu etwas Frühsport mit Hampelmännern. Danach folgte ein authentischer Vortrag über das "Marketing im Saftladen":

Lecloux, der Qualitäten eines Stand-Up-Comedian besitzt, brachte sein Publikum mal zum Lachen, mal zum Nachdenken. "True Fruits" setzt auf unverblümte Kommunikation und möchte seine Zielgruppe nicht mit Werbung überschütten. "Wir sind erwachsene Menschen und wir alle wissen, was wir wollen. Ich brauche niemanden, der mich belehrt, was ich konsumieren soll", erklärt Nic Lecloux. So setzt der Smoothie-Hersteller auch nicht auf die Kommunikation von Gesundheitsaspekten. "Der Smoothie hat wahrscheinlich mehr Zucker, als ein Glas Cola. So what? But will you die? Nein, vermutlich nicht. Trinkst du vier am Tag, ist es gut? Nein, vermutlich nicht. Schmeckt er besser, als Wasser? Hell yeah."

Freche Sprüche statt Gewinnspiele

"True Fruits" solle keine Marke sein, die sich im Supermarkt anbiedert. Wurde in der Keynote von Prof. Dr. Leisenberg kurz zuvor noch erwähnt, dass Daten das neue Öl der Wirtschaft seien, kann Lecloux darüber nur gähnen: "Kann schon sein. Wir machen aber keine Gewinnspiele, weder auf Facebook, noch sonst irgendwo. Denn eines muss dir klar sein: Wer Gewinnspiele macht, der will dir nichts schenken, der will deine Daten haben – wie kreativ." Sie setzten lieber auf Mund-zu-Mund-Propaganda und Scherze auf den Rückseiten der Flaschen. Hinter den frechen Sprüchen stecke aber auch harte Arbeit, um jeden Monat 13 neue Texte veröffentlichen zu können.

Auch in Bezug auf die Produktdarstellung in sozialen Netzwerken vertritt er eine klare Meinung. Anwesenden Verantwortlichen für Social Media-Teams riet er, die Verantwortung an die Mitarbeiter abzugeben, denn wer sich jeden Post absegnen lassen müsse, könne nicht ins Arbeiten kommen. Man müsse die Leute "machen lassen", auch wenn dies bedeute, dass Posts und Sprüche einmal nicht funktionierten. Im Rahmen des Community Managements sei es entscheidend, auf Fragen möglichst schnell zu reaieren. "True Fruits" hat sich hier zum Ziel gesetzt, innerhalb von zwei Stunden auf einen Post zu antworten. Darum könne dieser Job auch nicht lediglich von einem Praktikanten übernommen oder mit einer Halbtagsstelle bekleidet werden, sondern sei vielmehr ein Vollzeitjob.

Nils Kattau über Conversion Optimierung

Anschließend folgte der Vortrag von Nils Kattau im Kleinen Saal der Stadthalle Bielefeld, der bereits farblich einen harten Kontrast zu seinem Vorredner darstellte. Waren sowohl die Präsentation, als auch Nic Lecloux selbst eine knallbunte Erscheinung, setzte Nils Kattau auf ein sattes Schwarz. So lenkte er den Fokus gezielt auf seine zahlreichen Beispiele für gute und schlechte Umsetzungen mobiler Websites. Kattau ist Conversion Optimierer, hat die zweitgrößte Conversion Agentur Deutschlands aufgebaut und seit 2004 mehr als 1800 A/B Tests durchgeführt. Das ist eine Testmethode zur Bewertung zweier Varianten einer Webseite, bei der die originale Version gegen eine veränderte Version getestet wird.

Auf seine Frage, wer ihn bereits kenne, meldeten sich die ersten Reihen und begannen zu jubeln. Fanbase: Anwesend. Fast geschlossen schnellten die Hände in die Höhe bei der darauf folgenden Frage, wer aus dem Publikum die eigene Webseite mit A/B-Testings optimiere. Wissenslevel: Fortgeschritten. Hingegen hob keiner die Hand auf die Gegenfrage, wer seine Seite durch selbst vorgenomme Veränderungen anpasse. Die Angst, sich als einziger Unwissender unter vermeintlichen Marketingprofis zu outen: Maximal.

Und dann ging es ans Eingemachte. Dutzende Screenshots mobiler Seiten unterschiedlichster Unternehmen und Marken veranschaulichten, wie wichtig ein Responsive Design, die Mobile Usability, die Performance, Bilder und die Verkürzung von Eingaben sind. Denn User, die eine Seite auf ihrem Smartphone öffneten und zum Lesen des angezeigten Textes zunächst zoomen müssten, seien verlorene User. Verlinkungen müssten einfach klickbar sein, damit auch dicke Daumen nicht daneben treffen und eine zu lange Ladezeit, um etwa den Landscape-Modus aufzurufen, frustriere Nutzer immens.

Marketing bei Sixt SE

Miriam Fohrmann ist Director Online Marketing bei dem Autovermietungs- und Leasingunternehmen "Sixt SE" und kam für die OMKB extra aus Pullach bei München angereist. Sie setzt mit ihrem 50-köpfigen Team alle Marketing Maßnahmen inhouse um und ist Expertin auf den Gebieten internationale SEA (Suchmaschinen-Advertising), SEO (Suchmaschinen-Optminierung), Display Branding, Affiliate Marketing und Social Media.

Bevor sie ihren Vortrag startete, verriet sie den Zuhörern, dass sie noch nie zuvor auf einer so großen Bühne gestanden und vor so vielen Menschen gesprochen habe. Ein Blick auf ihre Apple Watch verriet: Ihr Puls lag bei 132 und hätte sie am Ende des Vortrags auf einen Schrittzähler geschaut, wären einige Hundert zusammengekommen. Während der gesamten halbstündigen Präsentation lief Fohrmann von einer Bühnenseite zur anderen. "Erwartet keine großen Speaker-Qualitäten. Ich bin einfach nur hier, um mich zu testen", so Fohrmann vorab und fügte hinzu, immer wieder ihre Komfortzone verlassen und sich Situationen stellen zu wollen, die ihr Angst bereiten. Und das schaffte sie mit Bravour.

"Wir machen, worauf wir Bock haben"

Sixt setzt auf Echtzeitmarketing und möchte Trends anstoßen, anstatt ihnen hinterherzuhetzen. So findet Sixt nicht auf Snapchat statt, hat sich dafür aber bei der Dating-App Tinder angemeldet, mit der Hoffnung, dass das Profil nicht allzu schnell auffliegt. Und dann wurde mit dem Kunden geflirtet. Auf den Satz, ich würde dich gerne treffen, antwortete Sixt mit: "Mich kann man nicht treffen. Man kann nur zu mir fahren. Wir haben eine riesen Garage." Zwei Tage ging das Experiment gut, in denen Sixt auf diese Weise im Dialog mit den Kunden stand. Dahinter stand keine große Strategie. "Wir machen Sachen, die geil sind, worauf wir Bock haben", so Fohrmann.

Dies war nur ein kleiner Einblick in die insgesamt 21 Vorträge der zweiten Online Marketing Konferenz Bielefeld. Wollen Sie sich die Präsentationen noch einmal genauer anschauen, können Sie dies auf der Webseite der OMKB tun und sich die Vorträge herunterladen.

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Kristina Grube

hat Crossmedia & Communication Management (MA) an der Fachhochschule des Mittelstands in Bielefeld studiert sowie Medienkommunikation und Journalismus (BA). Seit Studienbeginn ist sie außerdem als freie Mitarbeiterin für eine lokale Tageszeitung tätig.