Die Gründung eines Startups: Alles beginnt mit einer Idee

Von Katharina Schohl, veröffentlicht am 09. November 2021

Es gehört schon eine gehörige Portion Mut dazu, den gutbezahlten Job aufzugeben und sich ausschließlich der „fixen“ Idee eines eigenen Business zuzuwenden. Denn genau damit geht es in der Regel los: Mit einer Idee - sei sie nun aus einer Bierlaune heraus entstanden oder seit Jahren im Kopf des Erfinders herangereift. Unzählige Menschen träumen davon, ihr Produkt eines Tages in den Geschäften stehen zu sehen, doch der Weg dahin ist lang und endet nicht selten in einer Sackgasse. Entweder, weil die Idee keine Abnehmer findet oder, weil das Geld ausgeht. Anders sah es dagegen bei Helge Martin aus Minden aus.

Helge Martin hat es geschafft - Ein Erfahrungsbericht der Startup-Gründung

Als Inbetriebnahme-Ingenieur und Projektleiter ist Helge Martin um die halbe Welt gereist und hat deshalb viel aus dem Koffer gelebt.

Dabei haben mich immer das Packen, die Unübersichtlichkeit, das Chaos und das unhandliche Gepäck gestört. Aber es gab leider keine Alternative und so kam mir der Gedanke: Dafür muss es doch eine bessere Lösung geben!

Und da war sie plötzlich: Die Idee! Ein innovativer Reiserucksack musste her. Gemeinsam mit seinem Cousin hat Helge bis in die Nacht herumgetüftelt, Zeichnungen angefertigt, sich an die Nähmaschine gesetzt, bis der erste Prototyp fertig war. Eine große Hilfe war dabei Helges Oma:

Meine Oma war damals […] Musternäherin […]. Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung konnte sie uns enorm weiterhelfen. Sie war sogar so begeistert von unserer Idee […], dass sie mit ihren 81 Jahren den nächsten Prototypen mit uns gemeinsam genäht hat.

Idee – Check! Prototyp – Check! Und dann? Helge und sein Cousin standen vor der Frage, wie sie ihren Rucksack LiWAVE auf den Markt bringen können, wie man ein Unternehmen gründet, wo sie die benötigten Materialien herbekommen und vieles mehr. Die Antwort darauf war simpel: andere Gründer.

Erfahrungen austauschen und voneinander lernen - Andere Gründer haben Helge und seinem Cousin geholfen, die ersten Schritte in Richtung eines eigenen Business zu bewältigen. Und genau das empfiehlt er auch anderen potenziellen Gründern. Vernetzen, vernetzen und nochmal vernetzen! Das Tüftlerumfeld innerhalb eines Coworking-Space zum Beispiel kann helfen, eine eigene Geschäftsidee aufzubauen und das Produkt weiterzuentwickeln. Warum ein Problem selbst lösen, wenn es andere bereits getan haben? Voneinander miteinander lernen lautet hier die Devise.

Bei all der Euphorie sollte eines jedoch nicht außer Acht gelassen werden: man darf den Bezug zur Realität nicht verlieren! Fragen Sie sich während des gesamten Entwicklungsprozesses immer wieder, ob das eigene Produkt wirklich Potential hat oder es tatsächlich nicht mehr als eine „fixe Idee“ ist.

Selbstreflektion ist das oberste Gebot

Was taugt meine Idee? Löse ich damit ein bestehendes Problem? Für wen möchte ich dieses Produkt entwickeln? Diese und viele weitere Fragen, sollten Sie sich stellen, wenn Sie mit dem Gedanken spielen, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Zweifeln Sie daran, dass Ihre Idee Substanz hat, sollten Sie lieber die Finger davonlassen. Das Start-Up-Universum ist ein hart umkämpftes Pflaster und nur diejenigen, die mit Herzblut und Köpfchen bei der Sache sind, schaffen es an die Spitze.

[…] Man [muss] bereit sein, seinen eigenen Weg zu gehen und dabei voll hinter seiner Idee […] stehen. Denn man wird auf seinem Weg auch vielen Leuten begegnen, die einem die Idee schlecht machen oder es immer besser wissen. Deshalb ist es wichtig zu reflektieren […].

Die eigene Idee kritisch zu hinterfragen ist wichtig, um Schwierigkeiten und Herausforderungen frühzeitig im Blick zu haben. Dabei gilt es aber sich zunächst einmal darüber im Klaren zu werden, was eine gute Idee überhaupt ausmacht. Woran also erkenne ich, ob mein Produkt Potential hat? Ganz einfach: „Eine gute Idee löst Probleme von einer bestimmten Zielgruppe und vereinfacht Prozesse oder verschiedene Lebensbereiche“, sagt Helge und trifft den Nagel damit auf den Kopf. Die Idee muss nah an der Lebenswirklichkeit sein und eine Daseinsberechtigung haben. Das heißt aber nicht, dass man von Anfang an schon auf alle möglichen Fragen und eventuellen Komplikationen während des Entwicklungs- und Umsetzungsprozesses eine Antwort haben muss. Es ist nur wichtig, die offenen Fragen zu kennen und sie im Hinterkopf zu haben, damit man die Antworten und Lösungen auch erkennt, wenn sie vor einem liegen.

Helge empfiehlt daher folgende Punkte durchgehen:

  • Warum möchte ich diese Idee umsetzen? Was ist mein Antrieb?
  • Wer ist meine Zielgruppe und welchen Mehrwert bietet meine Idee?
  • Wie kann damit Geld verdienen?
  • Was benötige ich? Was kann ich bereits? Wie kann ich fehlende Kenntnisse ausgleichen?
  • Wie kann ich meine Idee möglichst einfach und anschaulich darstellen und was benötige ich dafür?

Tipp: Business-Model-Canvas bietet beispielsweise ein Set an wichtigen Fragestellungen, die bei der Erstellung des eigenen Geschäftsmodells helfen können:

Mindestens ebenso wichtig, wie die Idee kritisch zu hinterfragen, ist es, sich auf einen langen, unter Umständen beschwerlichen Weg gefasst zu machen – so gut die Idee auch sein mag. Gerade zu Anfang muss man ggf. dazu bereit sein, so Helge, auf seinen finanziellen Status zu verzichten. Jeder Anfang birgt auch ein gewisses Risiko – nicht nur, aber eben vor allem auch was das Bankkonto betrifft.

Die Idee ist gut – jetzt geht’s los!

Sie haben Ihre Idee kritisch hinterfragt und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass sie sich am Markt behaupten kann – dann geht es jetzt ans Eingemachte.  Es müssen Prototypen entworfen werden. Dafür braucht man Geld. Brauchen Sie dafür Investoren oder Partner? Muss ein Patent angemeldet werden? Wo kann ich mein Produkt herstellen? Wer unterstützt mich dabei? Fragen über Fragen.

Zum Thema Investoren hat Helge eine klare Meinung:

Mittlerweile halte ich Investoren […] nicht mehr für eine notwendige Bedingung, weil es heutzutage so viele Wege gibt, die eigene Idee zu verwirklichen.

Beispielsweise bieten Stipendien (Gründerstipendium NRW, das „Exist-Programm“ der Wirtschaftsförderung, etc.) oder Existenzgründerzuschüsse der Agentur für Arbeit gute Alternativen, um seinen Lebensunterhalt während der Umsetzungsphase zu sichern. Zusätzlich kann man Kapital über Crowdfunding-Kampagnen erhalten, mit denen man zum einen sein Produkt finanzieren, zum anderen aber auch Menschen von seiner Idee überzeugen kann. Ein erster Schritt in Richtung erfolgreiches Marketing. Zudem bieten Banken Finanzierungsmöglichkeiten an. Natürlich kann man auch auf Investoren zugehen, die die Idee finanzieren. „Dabei sollte man sich aber darüber bewusst sein, was man von einem Investor erwartet bzw. sich von ihm wünscht, z.B. „Risikokapital“,  Know-How  oder Netzwerk/Kontakte.“

Ist der Prototyp schließlich produziert, empfiehlt Helge folgende Schritte zu durchlaufen:

1. Aus dem Prototypen ergeben sich viele Erkenntnisse, wodurch das Produkt verbessert werden kann. Diese müssen identifiziert und in Anpassungsschleifen verbessert werden.

2. Es ist aber auch wichtig, die Meinung anderer einzuholen, da man das Produkt für seine Zielgruppe entwickelt. Dabei sollte man darauf achten, sich ggf. rechtlich abzusichern – beispielsweise mit einer Geheimhaltungsvereinbarung, einem Patent, einem Gebrauchsmuster oder einem Designschutz.

3. Grundsätzlich sollte man sich Gedanken über die Marktstrategie machen – beispielsweise mithilfe eines Business Model Canvas (s.o.). Hieraus ergeben sich u.U. viele Aufgabenstellungen, die angegangen werden müssen, um die Idee oder das Produkt zu vermarkten.

Ebenso wichtig ist in diesem Zusammenhang die Auswahl eines möglichen Mitgründers, denn:

[…] das Verhältnis zum Mitgründer [entscheidet] über Erfolg und Scheitern des gesamten Unternehmens […].

Fragen Sie sich vorab also ganz ehrlich, ob Sie sich vorstellen können, mit gerade dieser oder jenen Person über Jahre hinweg zusammenzuarbeiten und ein Unternehmen zu führen.

Und dann war er da…

…der Erfolg! Helge und sein Cousin haben den beschriebenen Weg bereits hinter sich. Sie haben ihre Jobs gekündigt, um sich voll und ganz auf die Umsetzung von LiWAVE zu konzentrieren. Ihre Rucksäcke lassen sie mittlerweile in der eigens dafür aufgebauten Manufaktur in Minden fertigen und es gibt bereits Pläne, das Team zu vergrößern und das Sortiment zu erweitern.

Die Idee und die Umsetzung habe ich nie bereut, ganz im Gegenteil. Ich bin unglaublich froh, dass ich diesen Weg eingeschlagen bin.

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Katharina Schohl

hat viele Jahre bei Radio Herford gearbeitet und ist ausgebildete Redakteurin. Seit Mai 2021 ist sie bei ams - Radio und MediaSolutions als Online-Redakteurin tätig und betreut das Projekt „Marketing in Westfalen“. Sie beschäftigt sich mit vielen Themen im und rund ums Web.