Das macht ein Ordnungscoach am Arbeitsplatz

Von Barbara Kawa, veröffentlicht am 07. November 2019

Warum braucht es am Arbeitsplatz einen Ordnungscoach?

"Bei vielen, die ein eher chaotisches Büro besitzen, ist doch schon mal der Gedanke aufgekommen: Was ist eigentlich, wenn ich mal ausfalle? Dann findet sich hier doch keiner zurecht. Zum Schutz der Firma, in der man arbeitet – egal, ob angestellt oder selbstständig – sollte immer gesichert sein, dass Außenstehende durchfinden können, wenn man mal nicht da ist.

Allgemein ist es die Aufgabe, das „Fundament“ neu zu organisieren. Wir Ordnungsexperten schauen zuerst: Was kann ich für diesen Menschen tun? Wie „tickt“ er? Wir eruieren: Was braucht er, was stört ihn, was klappt nicht oder nicht gut? Und dann erarbeiten wir zusammen eine Lösung, wie es in Zukunft besser funktionieren kann. Denn wer nicht mehr zurechtkommt und ziemlich viel Suchen muss, der ist oft auch nicht sehr zufrieden mit seinem Tun und fühlt sich schnell gestresst. Das bedeutet meistens, es entsteht Zeitdruck, weil das Arbeitspensum nicht geschafft wird. Wer sich unter solchem Druck fühlt, der sollte einfach mal einen Ordnungscoach anrufen und sich mit ihm beraten.

Umgekehrt erlebe ich auch, dass Firmen ihren Mitarbeitern einen Aufräumcoach zur Verfügung stellen, wenn diese es zulassen. Dabei übernimmt die Firma die Kosten, wenn der Ordnungsexperte gemeinsam mit dem Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz neu strukturiert. Der Arbeitsbereich wird analysiert, ob Arbeitsabläufe oder selbst nur das Lagern von Dingen systematisch und sinnvoll sind. Das Ziel ist, dass Nutzer mit ihrem Arbeitsbereich zukünftig besser zurechtkommen und vor allem Zeit und Nerven sparen. Fazit: Wenn man nichts suchen muss, macht es das Arbeiten leichter!"

Chaoten, Papierstapler, Stiftesammler – wahrscheinlich finden sich hier viele wieder. Wie schafft man den ersten Schritt aus dem Chaos und was hilft gar nicht?

"Wichtig ist, die Übersicht zu behalten. Dazu sortiert man alle Dinge nach Sorten und nach Gebrauchsnutzen. Alle Materialien, die für die Arbeit gebraucht werden, sollten bequem greifbar sein. Aber in einer Menge, in der man sie auch wirklich benötigt!

Kein Mensch braucht 50 Stifte parat.

Ich erlebe das oft, da mache ich die oberste Schublade vom Schreibtischcontainer auf und dann ist die zugemüllt mit allem möglichen… 50 Stifte, Tesafilm, Visitenkarten, Speichersticks, Taschentücher, Schokoriegel, Büroklammern in der Dose… Bleiben wir mal bei dem einfachen Beispiel, dass ich eine Büroklammer brauche – niemand macht gerne erst eine Schublade auf, muss dann noch nach der Dose suchen und dann auch noch die Dose öffnen – um an eine einzige Büroklammer zu kommen! Ein absolutes No-Go.

Oder es liegen in den Schreibtischschubladen große Vorräte an Papieren und Briefumschlägen. Es werden von der Firma gleich 2.000 Briefbögen bestellt, für die ich vier Jahre brauche, um diese zu verwenden. Mit solchen überdimensionierten Mengen sollte man nicht seinen Arbeitsbereich vollstopfen.
Ich bringe meine Kunden zu der Überlegung: Was brauche ich eigentlich täglich? In welcher Menge? Und wo ist es für mich bestmöglich untergebracht, damit ich bequem herankomme? Meine Arbeit ist immer ein Austausch mit dem Kunden. Ich fokussiere das Nachdenken darüber, wie eigentlich die eigene Arbeit abläuft und welche Informationen und Materialien schnell greifbar sein müssen."

Haben Sie einen ganz konkreten Tipp für eine verbesserte Arbeitsorganisation?

"Ja, für alle Menschen, die immer noch mit Zetteln und Post-Its arbeiten und darauf Erinnerungen und Daten notieren, die sie abarbeiten müssen: Schaffen Sie sich eine richtig gute Kladde an, am besten unliniert, und nutzen Sie diese Kladde ab sofort für Ihre Notizen.
Unterteilen Sie die Seiten in zwei Spalten: Links ist eine schmale Spalte versehen mit Tagesdatum. Rechts schreiben Sie die Aufgabe hinein oder die Erinnerungsnotiz - alles, was für den Vorgang wichtig ist. Ziehen Sie unter jeden Vorgang einen Strich zur Abgrenzung.

In die linke Spalte können Sie zusätzlich zum Datum noch selbstgewählte Kürzel einsetzen. Dafür sollten Sie sich einmal eine Viertelstunde Zeit nehmen und diese Kürzel für sich logisch entwickeln. Beispielsweise: T für Telefonat oder E für Erledigen. Gehen Sie in sich: Was beinhaltet Ihr Arbeitsalltag und was ist zu tun? Die linke Spalte bildet für Sie eine sogenannte Orientierungsleiste. Damit können Sie sich schnell informieren, welche Arbeiten anstehen und diese dann effektiv bündeln und abarbeiten. Wenn Sie beispielsweise zwei DINA4 Seiten mit verschiedenen Aufgaben haben und darin sind viele Telefonate enthalten, dann ist es effizienter und schneller, diese in einem Block abzuwickeln. Man kommt dadurch nicht „raus“ aus einem Arbeitsgang. Das spart Zeit. Wenn eine Aufgabe erledigt ist, streichen Sie sie durch.

Der Idealfall ist, sich in am Ende des Arbeitstages, in der letzten halben Stunde vor Feierabend, das Notizbuch zu nehmen, zu schauen, welche Aufgaben heute nicht erledigt worden sind, um sie für den nächsten Tag in der Kladde fortzuschreiben und evtl. schon sinnvoll zu bündeln. Oder sie markieren Unerledigtes mit dem Textmarker. Der Vorteil ist: Sie können die Gedanken an die Aufgaben loslassen, denn am nächsten Morgen wissen Sie mit Hilfe Ihrer Kladde ganz sicher, welche Aufgaben zu tun sind. So können Sie einfach befreiter in den Feierabend gehen.

Zettelwirtschaft bringt einen nur Durcheinander. Die kleben überall, am PC, am Schreibtisch, an der Pinnwand… und reizen unterschwellig die Sinne.

Gibt es denn auch Leute, die im Chaos besser arbeiten? Die das kreative Chaos quasi brauchen?

"Ja, die gibt es natürlich. Ich kenne Leute, die sagen, „es ist alles gut bei mir, ich weiß immer, wo alles ist, ich komme damit klar“. Und das dürfen sie auch! Ich würde nie sagen, das ist der falsche Weg. Aber auch hier kommt mir sofort wieder der Gedanke: Was ist, wenn mal was passiert? Dann muss jemand anderes vielleicht wichtige Dinge erledigen, kommt ins Büro und weiß nicht was ansteht, was erledigt werden muss und wo die Unterlagen sind. Aus dieser Sicht ist es eigentlich nicht gut, heutzutage so zu arbeiten. Aber jeder hat natürlich die Freiheit, es so zu halten, wie er es möchte und braucht.

Grundsätzlich ist es immer noch mit etwas Schlechtem behaftet, Chaot zu sein. Obwohl das nicht stimmt. Kreative Leute ticken halt ganz anders. Sie springen in ihren Aufgaben und in ihren Gedanken hin und her. Es kann sein, dass sie an drei Sachen gleichzeitig arbeiten, weil sie die Abwechslung und die kreativen Impulse brauchen. Andere wiederum sind logische Sachmenschen, die arbeiten alles der Reihe nach ab und schaffen deshalb ein anderes, geordnetes Pensum. Die wirken auch meist ruhig und gelassen und haben alles im Griff. Aber der Chaot ist in der Regel doch derjenige, der neue Impulse und Ideen bringt für die Firma. Und die sind so wertvoll!
Trotzdem müssen manche Sachen einfach ein System haben, damit Außenstehende noch durchblicken und damit das Chaos nicht zu sehr überhandnimmt."

Wird eigentlich mehr aufgeräumt in den letzten Jahren oder weniger?

"Ich habe in früheren Jahren im Management gearbeitet. Im Laufe meines Berufslebens habe ich immer wieder mit dem Organisieren zu tun gehabt und fand die Frage nach dem sinnvollen „Wie“ schon immer spannend und bereichernd. Ich habe dann 2004 OrdnungsService.com gegründet und die Nachfrage nach meiner Unterstützung wuchs seitdem stetig. Und so bin ich jetzt schon seit 16 Jahren Ordnungsexpertin und manage alles vom Keller bis zum Dachboden, Haushalte, Büros, Abläufe - ich organisiere alles, was organisiert werden kann. Das ist meine Leidenschaft.

Aktuell gibt es viele Fans von Marie Kondo mit ihrem „Magic Cleaning“. Dabei geht es um die Frage, was man eigentlich wirklich an Dingen in seinem Leben braucht. Die Japanerin hat mit ihren Büchern ganz viel Leben in das Thema Aufräumen gebracht. Sie hat einen großen Anteil daran, dass die Leute mehr aufräumen und loslassen möchten. Aber wer mit den Methoden von Marie Kondo gut klarkommt, der räumt gerne selbst auf und schafft das auch sehr gut.

Bei mir rufen Menschen an, bei denen ein Problem beim Organisieren der eigenen Dinge und des Umfelds besteht. Schön ist: Die Nachfrage wächst. Wenn ich 2004 jemandem gesagt hatte, was ich beruflich mache, konnte sich niemand etwas darunter vorstellen. Und ich wurde gefragt: „Es gibt Leute, die das buchen?“. Heutzutage brauche ich meine Berufung nur noch selten erklären. Und es fragen immer mehr an, denn die Menschen spüren in ihrem Alltag mit den vielen Möglichkeiten eine starke Belastung, ihre Zeit und ihre Dinge zu „verwalten“. Aus diesem Grund bin ich bestens vernetzt - ich arbeite mit mehr als 30 Ordnungspartnern in einem eigenen Netzwerk in Deutschland und Österreich zusammen, selbst in der Schweiz kann ich Professional Organizer empfehlen. Wir lieben Ordnung schaffen - überall, wo man uns braucht!"

Vielen Dank Frau Böhmig für das Gespräch!

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Barbara Kawa

ist Online-Redakteurin und Social Media Managerin bei ams - Radio und MediaSolutions und beschäftigt sich mit allen Themen im und rund ums Web.