Als Vater in Elternzeit

Von Amélie Förster, veröffentlicht am 20. September 2022

Was sind die Herausforderungen, wenn man als Vater in die Elternzeit geht?

Es gibt private und berufliche: Im beruflichen Kontext war es für mich schon eine ziemliche Überwindung meinen Arbeitgeber zu informieren, dass ich für ein Jahr Elternzeit nehmen möchte. Auch wenn dieser da nicht wirklich etwas gegen machen kann, habe ich mich die ganze Zeit gefragt, wie dieser reagieren würde und ob es für mich berufliche „Konsequenzen“ in der Zukunft haben könnte.

Im privaten Umfeld kam die Entscheidung, die Elternzeit gleichmäßig zwischen uns aufzuteilen durchweg gut an. Auch wenn ich nicht explizit danach gefragt habe, wurden mir allerdings von vielen anderen Vätern Gründe genannt, warum sie das im Speziellen nicht machen könnten. Sie fänden das zwar super, aber leider ließe ihre aktuelle Situation das nicht zu.

Gibt es unterschiedliche Perspektiven, mit denen Du konfrontiert wurdest in Bezug auf die Elternzeit von Mutter vs. Vater? Sowohl privat als auch beruflich?

Wahrscheinlich habe ich das oben schon angerissen. Was mir hierzu einfällt, ist das durchweg positive Feedback auf die Entscheidung, länger Elternzeit zu nehmen. Das war am Anfang schon eine starke persönliche Bestätigung, die ich erfahren habe. Allerdings ist mir dadurch auch erst einmal aufgefallen, dass ich keinen Vater kenne, der Elternzeit in der Länge genommen hat oder plante zu nehmen.

Allerdings hatte ich das Gefühl, wie oben schon erwähnt, dass andere Väter oder auch Mütter in Babykursen im Gespräch über Elternzeit das Bedürfnis hatten, sich mir zu erklären. „Das find ich richtig super, ich wünschte mein Mann hätte auch die Möglichkeit dazu. Aber das geht leider nicht weil…

Mir ist aber gleichzeitig besonders aufgefallen, dass ich als Vater in Elternzeit eine besondere Position eingenommen habe. Ich wurde zwar als teilweise einziger Mann mit Kind morgens auf dem Spielplatz oder beim Baby Kurs akzeptiert, aber selten so eingebunden wie andere Mütter. Natürlich kann ich das von niemandem erwarten, aber ich hatte immer das Gefühl, dass ich eine Sonderstellung hatte.

Auch war die Hürde sich mit neuen Bekanntschaften im Privaten auf ein Spiel-Date zu verabreden höher bei mir, als zum Beispiel bei meiner Frau Vanessa.

Wenn wir uns mit Freunden getroffen haben, wurde meistens Vanessa nach den Befindlichkeiten von unserem Sohn Johannes gefragt und ich habe mich oft in der „Männerrunde“ wiedergefunden, wo es nicht um Kinder ging.

In dem Jahr habe ich oft das Bedürfnis gehabt, mich mit anderen Vätern über die Elternzeit und über die Entwicklung von Johannes auszutauschen.

Da ich auf Teilzeit in Elternzeit weitergearbeitet habe, konnte ich mich zwischendurch auch mit vielen Kollegen austauschen. Von keinem, ob im engeren oder weiteren Kollegenkreis, habe ich negative Kommentare über mein „Fehlen“ im Betrieb gehört. Auch wurde ich weiterhin von meinem Chef in dem Ausmaß meiner Teilzeitbeschäftigung auf neue Themen angesprochen und meine Expertise wurde eingeholt. Dadurch hatte ich eigentlich nie das Gefühl, mich zu entfernen oder nicht mehr als gleichwertig angesehen zu werden.

Durch die für mich überraschende Akzeptanz im Betrieb, habe ich mich dann auch mit der Zeit bereit erklärt, neben den 20 Prozent Arbeitszeit pro Woche, weiter erreichbar zu sein und auch auf E-Mails zu antworten. Und sei es nur, um Arbeitsschritte zu delegieren oder E-Mails an die Verantwortlichen weiterzuleiten. Für mich war es nicht mehr Aufwand, habe aber dadurch positives Feedback erhalten. So hatte ich das Gefühl, dass ich das Elternzeit-Jahr in gewisser Weise zusammen mit meinem Arbeitgeber gestalte.

Wie schwer fällt es Dir die Familie und den Wiedereinstieg in den Beruf zu managen?

Da ich mich aktuell noch in Elternzeit befinde, kann ich das noch nicht ganz beurteilen. Allerdings wird es bestimmt auch nicht einfach, Haushalt, Kind und Job unter einen Hut zu bekommen. Meine Frau Vanessa und ich arbeiten jeweils 35 Stunden die Woche, da muss viel abgestimmt und Aufgaben verteilt werden.

Wir haben uns die Mühe gemacht, alle Aufgaben, die den Haushalt oder das Kind, sprich Care Arbeit, betreffen aufzuschreiben, zu gewichten und aufzuteilen. Auf den ersten Blick scheint das ein wenig zu viel, aber es visualisiert für mich gut, was für einen Arbeitsaufwand man dabei hat und hat mir viel Verständnis für meine Frau gegeben.

Übernimmst Du die gleichen Aufgaben wie vor der Elternzeit?

Im Privaten hat sich eigentlich nicht viel verändert, außer das ca. 50 Prozent der Care Arbeit dazugekommen sind. Dinge, die ich vorher gut konnte, mache weiterhin ich, die Dinge, die Vanessa mehr liegen, macht sie. Alles andere wird so gut verteilt, wie es geht.

Im Büro hatten wir eine Vertretung eingestellt, die auf ein Jahr befristet war. Wir haben bereits eine Übergabe gemacht und ich übernehme viele Aufgaben wieder.

Gleich wieder voll einsteigen oder mit weniger Stunden?

Das lässt sich pauschal nicht so sagen. Wir haben unsere Arbeitszeit den Betreuungsstunden von unserem Sohn angepasst. Wir sind in Summe genauso lange weg wie er. Ich bringe ihn vor der Arbeit in die Kita, arbeite dafür länger nach hinten heraus, Vanessa verlässt morgens sehr früh das Haus und kann unseren Sohn abholen. Abends gibt es dann das gemeinsame Abendritual und wir bringen ihn abwechselnd ins Bett.

Da die wenigsten Jobs 35 Stunden bei 100 Prozent Arbeitszeit anbieten, würde ich dann eher Teilzeit sagen. Gerade am Anfang gibt einem das vielleicht ein wenig Puffer, um eine Routine zu entwickeln.

Dazu lässt sich vielleicht noch sagen, dass ich meine Elternzeit auf die vollen drei Jahre verlängert habe. Ich arbeite zwar ab September wieder auf 90 Prozent, aber als Teilzeit in Elternzeit. Für den Arbeitgeber ist das an sich nicht so relevant, aber ich verliere den Anspruch auf meine 100 Prozent Stelle dadurch nicht.

Hat sich Deine Perspektive auf arbeitende Kolleginnen und Kollegen mit Kindern geändert?

Ja, tatsächlich! Vor der Elternzeit ist mir das nicht so aufgefallen, wie wenig Väter in Elternzeit gehen. Noch während Vanessa schwanger war, habe ich in der Kantine Sprüche von Kollegen gehört, dass sie anstelle der Elternzeit nur Urlaub direkt nach der Geburt nehmen würden, weil sie ja Zuhause sowieso nichts machen könnten. Die Kinder würden ja nur trinken und schlafen. Damals habe ich mir da recht wenig zu gedacht, heute verzieht sich da echt alles in mir.

Nach dem Jahr sehe ich das anders. Anders als vielleicht noch vor 50 Jahren haben wir (die Väter) die rechtlichen Möglichkeiten Elternzeit zu nehmen und werden dafür auch noch zum Teil bezahlt. Da gibt’s ja fast gar nichts gegen zu sagen.

Würdest Du es wieder so machen?

Obwohl ich das Jahr sehr genossen habe, würde ich es bei einem hypotetischen zweiten Kind anders machen. Obwohl sich die Einstellung natürlich noch ändern kann, könnten wir uns aktuell vorstellen beide in Teilzeit zu arbeiten und nicht - wie dieses Mal - das getrennte Jahr, bei dem ein Jahr Mama Zuhause und ein Jahr Papa Zuhause, bleibt, wie jetzt.

Welche Möglichkeiten und Unterstützung hat Dein Arbeitgeber Dir angeboten?

Angeboten hat mir mein Arbeitgeber nichts, allerdings ist er mir insofern entgegengekommen, als dass er meine Wünsche akzeptiert hat. Kurz nach dem Antrag auf zwölf Monate Elternzeit, habe ich angefragt, ob ich für einen Tag die Woche weiterarbeiten könnte, da wir einen Großmuttertag eingeführt hatten. Da passt die Oma auf Johannes auf.

Vier Monate später habe ich auf 30 Prozent aufgestockt, weil ich gemerkt habe, dass bei der Arbeit mehr Aufgaben anfallen, die ich schwer abgeben konnte. Die extra 10 Prozent wollte ich flexibel im Home-Office, immer mal wieder zwischendurch, arbeiten. Auch dem hat mein Arbeitgeber direkt zugestimmt.

Zum Schluss habe ich meine Elternzeit auf die vollen drei Jahre ausgeweitet und meine Arbeitszeit auf 90 Prozent angehoben.

Was sind Deine Tipps für Väter, die nun planen in die Elternzeit zu gehen?

Auch wenn ich es mir nicht vorstellen konnte, wie es ist ein Jahr Elternzeit zu nehmen, habe ich die Erfahrung als sehr einmalig und absolut schön empfunden. Daher würde ich jedem werdenden Vater raten, Elternzeit zu nehmen. Es muss nicht immer direkt ein Jahr sein (obwohl man das dem Arbeitgeber durch befristeten Ersatz gut erklären kann), aber selbst ein halbes Jahr lohnt sich schon.

Natürlich gibt es Jobs oder Lebenssituationen, die das nicht zulassen, aber es geht auch in mehr Fällen, als man vielleicht zunächst denkt.

Ein Tipp fürs Finanzielle: Ich habe von Vielen gehört, die vor den Gehaltseinbußen zurückschrecken, oder wo derjenige ganz in Elternzeit bleibt, der weniger verdient. Meine Frau und ich haben uns einen Plan für die 24 Monate Elternzeit aufgestellt und alle geplanten Einnahmen für den Zeitraum aufgeschrieben (Lohn, Elterngeld, Kindergeld). Auch Steuerklassenwechsel haben wir berücksichtigt.

Das Ganze ergibt ein durchschnittliches Einkommen pro Monat. Reicht die Summe für alle Ausgaben, dann spielt es keine Rolle, wer mehr oder weniger verdient.

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Amélie Förster

hat bei verschiedenen Online-Medien gearbeitet und ist ausgebildete Online-Redakteurin. Seit Juli 2018 ist sie bei ams – Radio und MediaSolutions als Online-Redakteurin tätig und betreut das Projekt „Marketing in Westfalen“. Sie ist seit 1998 online, interessiert sich für Social Media, Blogs, Streaming und digitale Technologien aller Art.