Agenturpitch: So finden Sie die richtige Agentur für Ihr Unternehmen

Von Mirco Welsing, veröffentlicht am 25. September 2018

Die Frage nach dem Pitch-Thema teilt die Agenturen in mindestens zwei Lager. Die einen sagen laut, dass Auftraggeber immer dreister werden und kreative Leistung kostenlos einheimsen wollen. Und die anderen machen, still und heimlich, mit bei diesem Spiel. Die Fronten sind also geklärt. Der "Gesamtverband Kommunikationsagenturen" (GWA) und die "Gesellschaft Public Relations Agenturen" (GPRA) sind zwischenzeitlich Mitherausgeber des "Pitchblogs", das unrühmliche Pitch-Auftraggeber an den Pranger stellt. Und landauf, landab stimmen Agenturen ein in das Lied: "Wenn schon pitchen, dann auch bitte richtig!" Soweit die Sicht der Agenturlandschaft. Wenn Sie jetzt wissen wollen, wie Sie am besten kostenlos ganz viele kreative Ideen bekommen, schauen Sie sich direkt das Video an.

Möchten Sie dagegen einen Agenturpitch richtig durchführen und den perfekten Partner für Ihr Vorhaben finden? Dann lesen Sie bitte weiter… Aus unserer Erfahrung mit Pitches verschiedener Art wissen wir: Es gibt nicht DIE eine optimale Vorgehensweise. Es gibt viele gute Methoden, die zum Ziel führen. Und dennoch tauchen in allen Pitch-Konzepten einige Dinge immer wieder auf. Hier ist meine Top Ten der wichtigsten Pitch-Regeln:

1. Beschreiben Sie Ihre Zielvorstellungen

Werden Sie sich zunächst klar darüber, mit welchem Ziel Sie einen Agenturpitch durchführen. Geht es Ihnen darum, viele gute Ideen für die nächste Kampagne zu sammeln? Oder möchten Sie einen Agenturpartner finden, der Sie in den nächsten Jahren begleitet, und mit dem Sie Ideen auch im Sparring zusammen entwickeln können? Je nach Ausrichtung Ihrer Ziele gestaltet sich der Pitch im Umfang unterschiedlich. Mit ein wenig Glück verrät Ihnen die Beschreibung Ihrer Ziele auch schon, welche Art von Agenturen Sie einladen sollten: Solche mit Fokus auf das Thema Kommunikation & PR, Werbeagenturen, Mediaagenturen, Designagenturen, Digitalagenturen oder Marketing- & Strategie-Profis? Mit gut formulierten Zielvorstellungen sind jedenfalls alle involvierten Kolleginnen und Kollegen auf einer Wellenlänge. Vor diesem Hintergrund können Sie dann auch viel besser das Briefing formulieren. Denn:

2. Das Briefing muss stimmen

Welche Informationen in ein Briefing gehören, dazu kursieren viele verschiedene Angaben. Wichtig aus meiner Sicht sind:

  • Eine möglichst ausführliche Aufgabenbeschreibung
  • Hintergrundinformationen zu Ihrem Markt und Wettbewerbern
  • Informationen zu Ihren Zielgruppen, möglichst auch inklusive Personas
  • Beispiele Ihrer aktuellen Kommunikation/Werbung/Geschäftsausstattung
  • Eine genaue Beschreibung der zu erreichenden Ziele
  • Ein möglichst genaues Timing zum Projekt und den Ablauf des Pitches
  • Das Budget, welches für die Aufgabe zur Verfügung steht
  • Die Kriterien, nach denen Sie die Agenturen bewerten

3. You pay peanuts, you get Monkeys

Im Pitch geht es entweder darum, exzellente Ideen für Ihre Kampagne zu finden, oder den Partner für eine langfristige Geschäftsbeziehung – oder sogar beides. In allen Fällen ist es absolut wichtig, dass im Pitch eine Vergütung gezahlt wird. Mindestens die aktuelle Kampagne soll von einer Agentur begleitet werden, die perfekt zu Ihrem Unternehmen passt. Das sollte Ihnen etwas wert sein. Oder anders ausgedrückt: Wenn Sie mit Profis zusammenarbeiten möchten, werden Sie sie bezahlen müssen. Auch für Ideen, die in einem Pitch entwickelt werden. Denn Ideen sind das Kapital einer Agentur, ganz gleich in welchem Zusammenhang sie entstehen. Außerdem gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung: Alle Agenturen erhalten dieselbe Vergütung.

4. Investieren Sie Zeit!

Es macht keinen Sinn, das Briefing zu versenden und die Agenturen dann erst bei der Präsentation kennen zu lernen. Wie gesagt: Sie suchen einen Partner, der Sie und Ihr Anliegen versteht. Dazu müssen Sie sich mit ihm treffen. Machen Sie sich also mit den einzelnen Agenturteilnehmern bekannt. Stellen Sie ihnen Fragen zu Unternehmenszielen, zur Motivation für den Job und zu den allgemeinen Arbeitsprozessen in der Agentur. Alles, was Ihnen die Entscheidung erleichtert, ist relevant. Geben Sie ebenfalls allen Agenturen die Gelegenheit, die Entscheidungsträger schon vorab kennenzulernen. Immer dann, wenn ein Unternehmen sich die Zeit genommen hat, uns als Agentur wirklich kennen zu lernen, waren auch die Pitch-Bedingungen hervorragend. Natürlich soll ein solches Kräftemessen auch Ihre Ressourcen sparen. Dennoch: Das persönliche Kennenlernen ist aus meiner Sicht ein absolutes Muss, das Ihnen wertvolle Informationen liefert.

5. Sie legen den Prozess fest. Für alle.

Das begegnet uns immer mal wieder: Wir erhalten eine Pitch-Anfrage ohne genauen Ablauf des Pitches. Auf Nachfrage werden wir dann gebeten, unsere Wünsche bezüglich des Prozesses zu äußern. Was hier auf den ersten Blick zuvorkommend klingt, bedeutet im Umkehrschluss: Das Unternehmen hat keine einheitliche Vorgehensweise, und es kann sein, dass die Agenturen unterschiedlich behandelt werden, eventuell sogar unterschiedliche Kenntnisstände zum Projekt haben. Legen Sie daher im Vorfeld einen Ablauf des Pitches und alle Regeln fest. Geben Sie allen Agenturen dieselbe Zeit zur Umsetzung. Kommunizieren Sie alle Informationen an alle Agenturen, auch wenn zwischenzeitlich neue hinzukommen. Apropos Informationen …

6. Stehen Sie für Fragen bereit

Gehen Sie bitte nicht davon aus, dass alle angeschriebenen Agenturen Erfahrung in Ihrer Branche haben. Die Kreativen und Planer müssen sich unter Umständen in eine komplett neue Branche hineinlesen und -denken. Mit Ihrer Unterstützung geht das natürlich leichter und auch schneller. Deshalb sollten nicht nur mindestens zwei Treffen vor der Präsentation eingeplant werden, sondern Sie sollten auch aktiv signalisieren, dass Sie stets für Fragen bereitstehen. Wichtig dabei: Stellt eine Agentur eine Frage, deren Beantwortung grundlegend wichtig für die Aufgabe ist, dann stellen Sie diese Information allen Agenturen zur Verfügung.

7. Ideen sind rechtlich geschützt

„Nein. Doch Oh.“ – Einige Unternehmen schreiben in die Bedingungen zum Pitch, dass die Agentur ihre Ideen bereitstellt, auch wenn sie (die Agentur) bei der Auswahl nicht zum Zug kommt. Auf solche Pitchanfragen reagieren wir nicht mehr. Die Vergütung des Pitch-Aufwands hat nicht damit zu tun, dass Sie alle eingereichten Ideen nutzen dürfen. Im Gegenteil, wer eine solche Klausel verfasst, zeigt damit deutlich, dass an einer Beziehung zur Agentur kein Interesse besteht. Wir haben auch schon erlebt, dass ein Pitch durchgeführt, die Umsetzung des Projekts dann aber vom Unternehmen selbst durchgeführt wurde. Das stellt, streng genommen, sogar eine Verletzung geltenden Rechts dar. Denn ein Pitch ist laut §657 BGB ein bindendes Versprechen, das ein Unternehmen verpflichtet, die ausgelobte Belohnung zu entrichten – in diesem Fall dem Pitchgewinner. Geben Sie daher auch der Agentur den Zuschlag, deren Idee Sie überzeugt hat.

8. Begründen Sie jede Entscheidung

Dem Pitchgewinner erklären, warum er gewonnen hat: Das ist noch leicht. Geben Sie jedoch auch den Agenturen eine Rückmeldung, die nicht gewonnen haben. Woran lag es? Hat die Chemie nicht gestimmt? Wurde die Aufgabe falsch verstanden? Entspricht die Umsetzung nicht den Vorstellungen? Oder lag es am Preis? Ein paar ehrliche Zeilen zu diesem Thema zu finden, zeigt Wertschätzung – und Sie erhalten sich gute Beziehungen für eine mögliche Zusammenarbeit in der Zukunft.

9. Wenn möglich, entlassen Sie Agenturen frühzeitig aus dem Pitch

Dieser Schritt wird zu verletztem Stolz führen, zugegeben. Und dennoch ist es das einzig Richtige: Wenn sich schon in den Vorgesprächen herausstellt, dass eine Agentur schlicht nicht zu Ihnen passt, dann entlassen Sie sie noch vor der Ideenabgabe. Das wird sicherlich nicht häufig vorkommen, vielleicht sogar nie. Doch wenn der Fall eintritt, dass Ihr gesamtes Team zu einer Agentur im Vorfeld "Nein" sagt: Machen Sie der Agentur dann keine weitere Hoffnung und entbinden Sie sie (und sich) von kostbarer Arbeitszeit.

Zum Schluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass es auch nicht immer ein Pitch sein muss! Um Agenturen kennenzulernen, eignen sich auch andere Formate, wie beispielsweise Ideenworkshops, Chemistry Meetings oder: der gute alte Probeauftrag. Denken Sie darüber nach, ob das Ziel, welches Sie erreichen wollen, den Aufwand eines Pitches rechtfertigt.

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Mirco Welsing

ist geschäftsführender Gesellschafter der "TMC GmbH - The Marketing Company" mit Sitz in Paderborn. Geboren 1975, online seit 1990, Europäer und Westfale, überzeugter und überzeugender #GermanAngstBesieger. Mirco Welsing geht den Dingen gern auf den Grund – am liebsten in bisher unbetauchten Bergseen in den Alpen.