50plus-Marketing: Erfolgreiches Verkaufen an die Generation „Best Ager“

Von Melanie Schwarz, veröffentlicht am 06. Juli 2016

Wer heute 55 ist, wurde 1960 geboren: Aus den Babyboomern werden reife Herrschaften. Und wer in diesem Jahr den 65. Geburtstag feiert, hat den zweiten Weltkrieg nicht mehr miterleben müssen, sondern ist ein Kind des Wirtschaftswunders. Das bedeutet für Werbetreibende und werbende Unternehmen: Diese Zielgruppe kennt keinen wirklichen Mangel. Für sie gehört Konsum zum Lebensmodell, und sie ist durchaus solvent. Gleichzeitig haben die Best Ager aber auch ein gesundes Selbstverständnis entwickelt: Sie wollen am Leben der Jungen teilhaben, sie möchten ein lebensbejahender Teil der Gesellschaft sein. Wer in den 1980ern seinen Kindern einen der ersten Heimcomputer gekauft hat, sieht keinen Grund, heute auf Smartphone und soziale Medien zu verzichten. Aus unserem ersten Blogpost wissen wir: Die Zielgruppe der Best Ager ist heterogen, das Seniorenmarketing sollte sich also mehr an Interessensgruppen denn an eine bestimmte Altersgruppe wenden. Dennoch gibt es einige Besonderheiten zu beachten:

Machen Sie sich selbst ein Bild

Sie müssen sich ja nicht gleich einen Age Suit umbinden. Aber erkunden Sie Ihr Ladengeschäft doch einmal aus der Perspektive der Silver Ager: Sind die Laufwege breit und frei, so dass man sie auch mit einem Stock oder Rollator nutzen kann? Sind die Artikel so ausgepreist, dass man sie auch mit schwächeren Augen noch ohne Lupe lesen kann? Sind die Umkleidekabinen groß genug und erreicht man alle Artikel ohne Bücken oder Strecken? Gibt es Sitzgelegenheiten? Wer möchte, dass sich alle Kunden (Junge und Junggebliebene, Best Ager, Schwangere oder Eltern) beim Einkaufen wohl fühlen, kann sein Geschäft übrigens mit dem Siegel „Generationenfreundliches Einkaufen“ zertifizieren lassen. Auch Ihre Werbemedien verdienen einen zweiten Blick: Wenn Sie mit einer Anzeige, einem Radiospot oder einer Direktmarketing-Maßnahme gezielt Silver Ager erreichen wollen, sprechen Sie sie nicht als Senioren an. Verwenden Sie bei Anzeigen Fotos von Menschen, die „alterslos“ wirken. Vermeiden Sie in Spots marktschreierisches und hektisches Reden sowie schrille Musik. Überschriften und Werbetexte müssen auf den Punkt kommen. Bewerben Sie konkret nur ein Produkt und listen Sie fundierte Vorzüge auf, die besonders (aber nicht nur) Senioren interessieren. Printwerbung sollte sich durch ein ruhiges, klar erkennbares und gut lesbares Layout konzentrieren. Kurz: Treten Sie mit Ihrer Werbung einfach so auf, wie sich die Zielgruppe 50 plus selbst sieht. Nämlich arriviert, sachlich, höflich und ohne überflüssiges Getue.

Denken Sie um die Ecke

Senioren wissen, was sie wollen – aber was sie brauchen, wollen sie nicht auf die Nase gebunden bekommen. Ein Beispiel: Die ältere Zielgruppe verzichtet gerne auf üppige Mahlzeiten, aber der Begriff „Seniorenteller“ klingt für sie viel zu sehr nach Altenheim. Dieser Punkt auf der Speisekarte ist ein Angebot, das lebensfrohe Best Ager nur ablehnen können. Und ein Minuspunkt auf dem Image-Konto des Restaurants. Wie es besser geht, zeigt das Beispiel der SUV: Mit „Sports“ im Namen und frischem Design erobert diese Fahrzeugklasse den Automarkt. Das liegt auch an den Silver Agern, denn die haben eine erhöhte Sitzposition und bequemen Einstieg schon lange als Vorteile für sich ausgemacht. Das Handelsblatt berichtet: Ist der durchschnittliche Neuwagenkäufer mit 53 Jahren schon ohnehin in der zweiten Lebenshälfte angelangt, sind die Neuwagenkunden von SUVs sogar nochmals um 2,3 Jahre älter. Ganz klar: Den Best Agern gefallen jung, aktiv und sportlich wirkende Fahrzeuge, die ganz nebenbei ihren altersbedingten Anforderungen genügen. Dennoch würde keine Kfz-Marke darauf kommen, SUVs mit „für Senioren geeignet“ zu kennzeichnen. Oder besser: zu brandmarken.

Ey, Alter!

Die Zielgruppe 50 plus hat es zu etwas gebracht. Sie steht häufig noch voll im Berufsleben und hat in vielen Fällen eine anstrengende Karriere hinter sich. Das sind Leistungen, für die sie Respekt erwartet. Oder zumindest die gebotene Höflichkeit. Verzichten Sie also auf Kumpelhaftigkeit oder gar „Du“-Anrede genauso wie auf abgehobene Ironie, die bei den Best Agern als Arroganz ankommt. Kontaktieren Sie Interessenten auf Augenhöhe und gehen Sie auf ihre Wünsche ein. Und: Werbung, die Witze auf Kosten der Alten macht, ist nicht witzig.

Seniorenmarketing: eigentlich ganz einfach!

Sie sehen: Seniorenmarketing unterscheidet sich gar nicht so sehr vom Marketing für die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, die man bisher als besonders werberelevante Zielgruppe betrachtete. Man braucht nur ganz einfach ein wenig mehr Fingerspitzengefühl.
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Melanie Schwarz

ist gelernte Kommunikationswirtin und arbeitete in Köln und Düsseldorf als Mediaplanerin in Mediagenturen. Es folgten leitende Funktionen im Bereich Mediaberatung u. a. in Wiesbaden bei Carat (Dentsu Aegis) als Unit Director. In OWL kamen Aufgaben als Key Account Managerin bei Bertelsmann, Anzeigenleiterin beim Delius Klasing Verlag und Verkaufs- und Projektleiterin im Medienunternehmen ams - Radio und MediaSolutions dazu.